EU und USA gehen gegen Russland vor
Bringen Sanktionen eigentlich etwas?

Wirtschaftssanktionen sind ein beliebtes Mittel der Politik. Dabei führen sie selten zum Ziel.
Publiziert: 06.08.2014 um 15:08 Uhr
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Aktualisiert: 14.10.2018 um 12:07 Uhr
Russlands Präsident Wladimir Putin beeindrucken die Sanktionen bisher wenig.
Foto: Keystone
Von Jenni Thier

Russland bekommt die ersten Auswirkungen der Wirtschaftssanktionen von EU und USA zu spüren. Als erstes hat es die Billigairline Dobroljot und die Tourismusbranche getroffen. Doch werden die Massnahmen den russischen Präsidenten letztlich zu einer grundsätzlichen Kursänderung bewegen? 

Das bezweifelt Wirtschaftsprofessor Jochen Michaelis von der Uni Kassel. «Die Sanktionen werden sehr wahrscheinlich keinen Erfolg haben», ist er überzeugt. «Wirtschaftssanktionen sind bei Politikern zwar populär. Ein Blick in die Geschichte zeigt jedoch, dass diese besonders bei Diktaturen oder totalitären Regimen noch nie erfolgreich waren.»

Alleiniger Auslöser für einen Führungs- oder Politikwechsel seien Sanktionen noch nie gewesen. «Sie waren höchstens zum Teil dafür verantwortlich, wie etwa in Südafrika», sagt Michaelis.

Das Problem ist, dass Sanktionen besonders die normale Bevölkerung treffen, von der Diktatoren oder totalitäre Herrscher nicht abhängig sind. Das zeigt sich etwa an Nordkorea: Obwohl die Menschen sehr arm sind und teilweise hungern müssen, beeindruckt das die Machthaber wenig.

Oligarchen im Visier

Bei Russland zielen die USA und die EU auf die Oligarchen – besonders mit Sanktionen im Finanzbereich. «Dadurch wird versucht, Unruhe in die russische Führung zu bringen», sagt Michaelis. Das sei zwar plausibel. «Die oberen Zehntausend finden jedoch immer Alternativen, die Sanktionen zu umgehen.»

Die Erfolgschancen von Sanktionen steigen, wenn sie zwischen grundsätzlich befreundeten Staaten ausgesprochen werden. «Dort setzt man sich schneller mal gemeinsam an den Tisch, um Lösungen zu finden», sagt Michaelis.

Auch wenn sich viele Länder beteiligen, sind Sanktionen wirkungsvoller. Beispiel Iran: Wegen des umstrittenen Atomprogramms gingen Uno, USA und EU gemeinsam vor. Allerdings ist es bei Russland eher unwahrscheinlich, dass es zu einer international breit abgestimmten Aktion kommt.

Schweizer Politiker müssen aufpassen

Auch die Schweiz hält sich bisher zurück. Obwohl das Staatssekretariat für Wirtschaft gestern seine Sanktionsliste um 26 Personen erweiterte, ist mit Massnahmen gegenüber ganzen Branchen wohl nicht zu rechnen. «Eins zu eins» werde man bei den Sanktionen der USA und der EU nicht mitmachen, sagte Bundesrat Johann Schneider-Ammann jüngst.

Diese Haltung stösst zwar bei einigen ausländischen Politikern auf Kritik. Wissenschaftler Michaelis dagegen hat Verständnis. «Wenn man Entscheidungen mitträgt, die man selbst nicht beeinflussen kann, dann gibt man das Heft des Handelns aus der Hand», sagt er. Die Schweiz sei in der Vergangenheit sehr gut mit ihrer Neutralitätspolitik oder Vermittlerrolle gefahren. 

Allerdings müsse die Politik sicherstellen, dass Kapital russischer Oligarchen nicht vermehrt Richtung Schweizer Banken fliesse. «Sonst wird das Echo gewaltig sein», so Michaelis.

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