ETH-Professor Anton Gunzinger simuliert Energiewende
«Die Schweiz braucht 2000 Windräder»

Der Forscher sagt, wie viele Quadratmeter mit Solarzellen verbaut werden müssten, damit die Schweiz keine AKWs mehr braucht.
Publiziert: 24.11.2014 um 17:35 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2018 um 03:27 Uhr
Interview: Philipp Albrecht

BLICK: Der Nationalrat muss ab Donnerstag die Schweizer Energieversorgung umkrempeln. Welcher Punkt ist für Sie entscheidend?
Anton Gunzinger:
Die Mobilität. Dafür verbrauchen wir 40 Prozent der Gesamtenergie. Das wird leider überhaupt nicht angepackt. Und beim Strom ist die zentrale Frage, wie schnell wir die AKW abschalten und auf erneuerbare Energien umsteigen.

Bis wann müsste man die AKW abschalten?
Wir haben das gesamte Energiesystem simuliert und kamen zum Schluss, dass die Schweiz als eines der wenigen Länder der Welt sich bei einem Atomausstieg mit 100 Prozent erneuerbarem Strom versorgen kann. Das haben wir unseren Speicherseen zu verdanken. Es braucht allerdings so viele Solaranlagen wie in Bayern und 2000 Windräder.

Aber genau gegen die Windenergie gibt es unzählige Einsprachen.
Das ist leider so. Einige Leute versuchen aktiv, den Bau von Windanlagen zu verhindern. Das ist schlimm. Man muss endlich verstehen, dass es ohne Windenergie nicht geht. Sie ergänzt sich wunderbar mit der Solarkraft. Wir könnten fast ganz unabhängig vom Asuland werden. 100 Prozent erneuerbarer Strom sind bei uns möglich. Das ist doch sexy! Wir wären nicht mehr erpressbar.

Heute sind wir beim Gesamtenergiebedarf noch zu 80 Prozent vom Ausland abhängig.
Richtig. Aber den Grossteil der Mobilität, abgesehen vom Fliegen, könnten wir mit Strom bewältigen. Und es käme uns sogar noch viel günstiger, wenn der Ölpreis in den nächsten Jahrzehnten so weitersteigt wie über die letzten 50 Jahre.

Dann müssten wir alle bald auf Elektroautos umsteigen. Ist das Ihr Ernst?
Das werden wir so oder so. Nicht heute, aber morgen. Mit 400 Kilometern ist die Reichweite für die meisten Bedürfnisse gut. Die einzige offene Frage ist nur noch die Batterie. Sie ist im Moment einfach noch zu teuer.

Sie träumen von massenhaft Solaranlagen in den Bergen! Von welcher Fläche reden wir?
In den Alpen haben wir bei der Solarenergie die gleiche Ertragskraft wie in der Sahara. 40 bis 50 Quadratkilometer wären ideal. Und die gleiche Fläche nochmals im Mittelland. Dort wären es zehn Prozent der Fläche aller Hausdächer. In den Bergen müssten wir auch Lawinenverbauungen und Freiflächen nutzen – leider.

Freiflächen mit Solarpanels überbauen? Das gibt Streit.
Ich bin Techniker. Ich sage nur, dass es das braucht. Das Volk muss dann selber entscheiden. Bei den Solaranlagen bin ich aber optimistischer als bei den Windturbinen.

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