Es kommen die Falschen, und sie bleiben zu kurz
Touristenschwemme in Luzern so schlimm wie in Amsterdam

Touristen in Luzern bleiben zu wenig lange und geben zu wenig aus, um die Einheimischen mit ihrem Kommen glücklich zu machen. So stehts in einer neuen Studie. Doch noch sei es nicht zu spät.
Publiziert: 06.06.2019 um 12:05 Uhr
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Aktualisiert: 01.02.2021 um 15:09 Uhr
Am Montag, den 13. Mai, zogen 4000 chinesische Touristen durch Luzern.
Foto: Keystone
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Die Nachbarstädte von Luzern heissen Amsterdam, Dublin und Stockholm. Natürlich nicht geografisch, aber auf der Gefahrenkarte von Roland Berger. Die Unternehmensberatung hat die Tourismus-Hotspots Europas nach verschiedenen Kriterien platziert. So soll sich ableiten lassen, wer wie unterwegs ist.

Luzern wie Amsterdam oder Dublin? Rotlicht- und Sauftourismus? Nein, nicht wirklich. Aber bei der Anzahl Übernachtungen pro Einwohner und der Wertschöpfung pro angebotenem Zimmer. Laut Studienautoren bewegen sich diese Städte in oder nahe am kritischen Bereich, in dem der Tourismus für die Stadtbewohner mehr Last als Lust bedeutet. Zürich, Bern und Lausanne stehen deutlich besser da.

«Tourismusdichte sehr hoch»

In Luzern stehen dabei vor allem die Eintages-Touristen im Fokus: Anreise per Car, hoch auf die Rigi, Essen im Migros-Restaurant, einmal an den See, dann über die Kapellbrücke und ans Löwendenkmal, vielleicht noch ein Sackmesser posten, ciao. Wertschöpfung tief, Verstopfung hoch.

Jüngstes Beispiel: Die Abertausenden Chinesen, die im Mai im Rahmen einer Belohnungsreise durchreisten, aber nicht in der Stadt übernachteten (BLICK berichtete).

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«Die Tourismusdichte ist in Luzern im Vergleich zu den anderen europäischen Städten schon sehr hoch», sagt Studienautor Vladimir Preveden zum Zentralschweizer Portal «Zentralplus». Die Stadt sei an einem Wendepunkt der touristischen Entwicklung angelangt. «Jede Stadt hat eine gewisse Kapazität, weshalb es irgendwann einfach zu viele Touristen gibt, um ein normales attraktives Leben für die Bevölkerung zu ermöglichen.»

Im Gegensatz zu Städten wie Barcelona oder Venedig, die jetzt schon unter der Touristen-Last zusammenbrechen, könne Luzern seine Zukunft aber noch selbst bestimmen.

Bütikofers Bitte: Seid lieb

Wie das aussehen könnte, hatte der neue Tourismus-Verwaltungsratspräsident Martin Bütikofer (58) wenige Wochen zuvor skizziert. Ebenfalls zu «Zentralplus» sagte er: «Ich wünsche mir, dass Luzern zu einem Ausgangspunkt für touristische Aktivitäten wird und mehr als einen Tagesausflug wert ist. Das Ziel muss sein, dass die Aufenthaltsdauer steigt und man durchschnittlich mehr als zwei Nächte hier verbringt.»

Autofahrer habt Geduld: Diese Reisegruppe braucht etwas länger, um über die Strasse zu kommen.
Foto: Keystone
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«Damit wir dieses Ziel erreichen, ist es wichtig, dass sich die Leute hier wohl fühlen und die Swissness spüren können», sagt Bütikofer. «Das beinhaltet insbesondere, dass der Tourismus in der Bevölkerung weiterhin die nötige Akzeptanz erfährt. Das ist eine der grossen Herausforderungen, die auf uns zukommen.» In anderen Worten: Die Luzerner sollen lieb sein mit den Touristen.

Wenn dies gelänge, würden sich die Gäste zum Beispiel auch vermehrt für kulturelle Aktivitäten begeistern. Die Gelder daraus würden dann der Bevölkerung zugutekommen.

Genau das ist laut der neuen Studie entscheidend: Dass man auch finanziell davon profitiert, wenn man sich schon jeden Tag durch Touristentrauben kämpfen muss. Sonst komme es zum Bruch zwischen Einwohnern und Touristen, worunter letztlich beide leiden würden, sagt Studien-Autor Preveden. (kst)

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