Das Interesse von Risikokapitalgebern an neuen Geschäftsideen und -Modellen in der Schweiz ist 2019 ungebrochen hoch. Doch die Geldbeschaffung hat ganz neue Dimensionen erreicht: Noch nie haben Startups so viel Risikokapital erhalten wie im vergangenen Jahr. Der ICT-Sektor sammelte dabei die meisten Mittel ein. Das heisst, vor allem Techfirmen profitieren vom Geldsegen.
Konkret flossen im vergangenen Jahr 2,29 Milliarden Franken an Risikokapitalinvestitionen – sogenanntes Venture Capital – in Schweizer Jungfirmen. Das entspricht einer beeindruckenden Steigerung gegenüber dem Vorjahr von 86 Prozent, wie dem am Dienstag veröffentlichten achten Swiss Venture Capital Report zu entnehmen ist. Diesen hat das Online-Newsportal Startupticker.ch in Zusammenarbeit mit der Investorenvereinigung Seca erstellt.
Der Schweizer Venture Capital Markt habe mit dem erstmaligen Überschreiten der 2-Milliarden-Marke eine neue Dimension erreicht, sagte Thomas Heimann, Co-Autor der Studie, an einer Medienveranstaltung. Für ihn ist aber nicht nur das Überschreiten dieser Rekordmarke beeindruckend, sondern auch, dass sich seit Beginn der Erhebung im Jahr 2012 die Investitionen insgesamt mehr als versiebenfacht haben.
Wachstum dank Grossinvestitionen
Eine grossen Anteil der Steigerung ging dabei auf das Konto einiger weniger Grossinvestitionen. So entfielen allein auf die grössten drei Finanzierungsrunden 823 Millionen Franken, was mehr als eine Verdreifachung gegenüber dem Vorjahr darstellt. Die Hälfte der Firmen erhielt 2 Millionen Franken oder weniger Kapital von Geldgebern.
Total kam es im vergangenen Jahr zu 266 Finanzierungsrunden, 36 (+15,7 Prozent) mehr als im Vorjahr respektive 205 mehr als noch 2012. Dabei flossen in 19 Finanzierungsrunden über 20 Millionen Franken. In fünf Runden schossen Geldgeber erstmals sogar mehr als 100 Millionen ein.
Dabei lag der Markt fest in der Hand ausländischer Investoren. Nur eine der acht grössten Finanzrunden erfolgte mit Schweizer Beteiligung. Für Seca-Geschäftsführer Maurice Pedergnana ist das dem Umstand geschuldet, dass es einerseits in der Schweiz erst wenige grosse Venture-Capital-Firmen gibt. Anderseits würden europäische Risikokapitalinvestitionen eine höhere Rendite abwerfen, als solche in den USA.
Das meiste Geld floss in den Kanton Zürich
Am stärksten wuchsen die Investitionen im Bereich Informations- und Kommunikationstechnik (ICT) und Fintech. Im vergangenen Jahr sammelten der Bereich ICT (inklusive Fintech) bei in- und ausländischen Geldgebern 1,2 Milliarden nach 685 Millionen Franken im Vorjahr ein. Davon entfielen allein 822 Millionen auf die fünf grössten Finanzierungsrunden. Stark zugenommen um 147 Prozent auf 624,7 Millionen Franken haben auch Investitionen im Biotechsektor.
Bei der geografischen Verteilung gab es einen klaren Schwerpunkt: Im Kanton Zürich wurden im vergangenen Jahr 1,2 Millionen Franken und damit mehr als das Doppelte als im Vorjahr in Startups investiert. Knapp 90 Prozent der Mittel, rund eine Milliarde Franken, flossen dabei in ICT- und Fintech-Unternehmen. Von den schweizweit getätigten ICT-Investitionen flossen rund 85 Prozent der Mittel in Firmen mit Domizil in Zürich.
Generell lasse sich sagen, dass die Schweizer Venture Capital-Szene weiter gereift sei, sagte Pedergnana. Für das laufende Jahr gehe er von einer Fortsetzung des bisherigen Trends aus, ergänzte Heimann. (SDA/koh)