Wenn dem Euro jetzt nur nicht die Puste ausgeht. Vor einem Jahr kostete dieser lediglich 1,06 Franken. Seit Wochen hält er sich nun bei knapp 1,18 Franken. Doch reicht die nicht mehr ganz so schwache Gemeinschaftswährung aus, um Schweizern die Lust aufs Euro-Shopping zu nehmen?
Auf keinen Fall, heisst es bei der Credit Suisse. Die Detailhandelsexperten der Grossbank haben heute ihren Retail Outlook 2018 veröffentlicht. «Selbst wenn der Franken sich weiter leicht abschwächt, geht der Einkaufstourismus jetzt nicht sofort auf Null zurück», sagt CS-Ökonom Sascha Jucker.
Um wie viel sich der Franken abschwächen müsste, um die Euroland-Shopper nachhaltig zu bremsen, konnte Jucker auf Nachfrage von BLICK nicht sagen. «Der Schweizer Preisaufschlag für einen durchschnittlichen in Deutschland via Einkaufstourismus erworbenen Warenkorb beträgt 50 Prozent. Daher müsste sich der Franken noch um einiges abschwächen, was nicht zu erwarten ist», sagt Jucker.
Schweiz teuerstes Land Europas
Ob WC-Papier, Zahnpasta oder Lebensmittel: Die Preisunterschiede deutscher, österreichischer oder französischer Supermärkte sind happig im Vergleich zu Schweizer Supermärkten. Das weiss jeder, der schon einmal jenseits der Grenze eingekauft hat. Oder Verwandte aus den Nachbarländern zu Besuch hatte.
Die Rangliste der EU-Statistikbehörde Eurostat bestätigt: Die Schweiz ist bei den Konsumentenpreisen das teuerste Land Europas. Sie lagen Mitte 2017 um 61 Prozent höher als der europäische Durchschnittswert. Jedoch sind wir auch beim Lohn mit an der europäischen Spitze: Die mittleren Löhne sind in der Schweiz doppelt so hoch wie im EU-Durchschnitt.
Nicht mehr ganz so gross ist die Ersparnis beim Kleiderkauf. Laut einer Erhebung der Stiftung für Konsumentenschutz (SKS) beträgt der Preisunterschied noch rund 30 Prozent. Lediglich bei Heimelektronik und zum Teil auch Möbeln liegt die Schweiz unter dem EU-Durchschnitt.
Routine-Euro-Shopper nehmen zu
Vor allem bei Drogerie- und Sportartikeln wollen Schweizer künftig noch mehr im Ausland posten. Das besagt eine im Dezember publizierte Studie des Forschungszentrums für Handelsmanagement der Universität St. Gallen (HSG). Insbesondere bei älteren Konsumenten sei der Einkaufstourismus populärer geworden. «Das Einkommen spielt dabei keine Rolle», so die Studien-Autoren.
Auch sei der Preis nicht mehr allein entscheidend: «In den grenznahen Kantonen kauft bereits mehr als die Hälfte der Schweizer Konsumenten aus Gewohnheit im Ausland ein.» In den Kantonen St. Gallen und im Thurgau fahren heute mehr als die Hälfte der Befragten aus Routine ins Nachbarland zum Einkaufen. In der Innerschweiz und in Zürich sind es etwas weniger als die Hälfte. Einkaufstouristen nehmen bereits eine Stunde mehr Wegzeit in Kauf als beim Shopping im Inland, wie die Credit Suisse heute in ihrem Retail Outlook schreibt.
Für die Detailhändler in der Schweiz sei die Zunahme an Gewohnheitskäufen bedenklich. «Wenn Gewohnheiten entstehen, sind diese langfristig nur schwer wieder zu ändern», so der Schluss der HSG-Studie. Ein Euro-Kurs, der auf gerade einmal 1.20 Franken zugeht, wird da kaum helfen.
Einkaufstourismus verlagert sich ins Netz
Zumal sich der Einkaufstourismus jetzt noch stärker auf auf den ausländischen Online-Handel verlagert, wie die CS-Experten vorhersagen. Was die Einkäufe in den Läden im Nachbarland anbelangt, so würden diese auf hohem Niveau verharren.
Diese Entwicklung bestätigt auch der E-Commerce-Verband Netcomm Suisse: «Die Onlineverkäufe nehmen zu und vor allem der grenzüberschreitende Handel verzeichnet massive Wachstumsraten.» Dieser Wachstumstrend werde sich in den nächsten Jahren fortsetzen.