Herr Riedener, warum muss Emmi fast 39 Millionen Franken in Italien abschreiben?
Urs Riedener: Der Italiener gibt immer weniger Geld für hochwertige Joghurts aus. Stattdessen kauft er Aktionsware und billigere Eigenmarken der Supermarkt-Ketten. Der italienische Joghurt-Markt ist zehn Prozent geschrumpft. Und das Wirtschaftsumfeld ist alles andere als ermutigend.
Drohen weitere Abschreiber?
Mit den 38,5 Millionen Franken haben wir die 2006 erworbene Trentinalatte inklusive Fabrikgebäude, Grundstück und Maschinen auf null abgeschrieben. So halten wir uns alle Optionen offen.
Welche sind das?
Wir prüfen, die Firma weiterzuführen, sie zu restrukturieren oder zu verkaufen. Mit dem Entscheid werden wir sicher keine zwei Jahre zuwarten.
Warum produzieren Sie nicht selber Billigjoghurts in Italien?
Damit würden wir unser Image als Premium-Anbieter kaputt machen. Schlechte und billige Joghurts zu produzieren, in einem Land, das auf dem Weg zurück zum Joghurt-Entwicklungsland ist – nein danke!
Wie viele Stellen stehen bei Trentinalatte auf der Kippe?
130 Mitarbeiter. Wir gehen aber davon aus, dass sie weiterbeschäftigt werden.
Steigen Sie aus dem Italien-Geschäft ganz aus?
Nein, unsere Dessert-Firmen in Italien wachsen schön. Sie sind nicht vom italienischen Markt abhängig, sondern exportieren ihre Produkte zu mindestens 80 Prozent ins Ausland. Sie stehen nicht zur Diskussion.
Durch den Abschreiber schrumpft Ihr Gewinn auf knapp 10 Millionen Franken.
Es ist unschön, sieht aber dramatischer aus, als es ist. Eigentlich ist das nichts.
Wie bitte? Der Reingewinn ist um 76 Prozent eingebrochen!
Wir können das verkraften. Aufs ganze Jahr werden wir rund 70 Millionen Reingewinn machen.
Auch Ihre Wellbeing-Produkte laufen schlecht. Haben Sie an den Rezepturen geschraubt?
Nein. Sie laufen deswegen nicht mehr so gut, weil Konsumenten gesunde Lebensmittel anders interpretieren als noch vor einigen Jahren.
Werden Sie Produkte vom Markt nehmen?
Aktifit hat eine treue Kundschaft. Bei Good Day prüfen wir tatsächlich gerade, ob wir das eine oder andere Produkt aus dem Markt nehmen.
Wie schmeckt Ihnen, dass Nestlé mit dem Shakissimo-Becher jetzt Caffè Latte abkupfert?
Mir ist es egal, wenn eine Weltfirma wie Nestlé uns abkupfert. Wir sehen das als Kompliment.
Ihnen ist also gleichgültig, wenn die Kunden meinen, sie kaufen einen Emmi-Drink?
Wenn das so wäre, würde mir das natürlich nicht schmecken. Wer genauer hinsieht, merkt aber schnell, dass die tiefere Qualität schon bei der Verpackung anfängt. Der Konsument soll selber einschätzen, welches Produkt ihm besser schmeckt. Und ob er Milch aus der Schweiz oder dem Ausland will.
Die Schweiz hat im zweiten Quartal erstmals mehr Käse importiert als exportiert. Schmeckt unser Käse nicht mehr?
Der Schweizer Käse schmeckt den Konsumenten nach wie vor sehr gut. Ausländischen Billigkäse findet man vor allem in der Nahrungsmittelindustrie und der Gastronomie. Wir brauchen auf der Speisekarte dringend eine Herkunftsangabe. Ich möchte wissen, woher der Käse im Cordon-Bleu kommt.
Das sind die Folgen des liberalisierten Käsemarkts. Ist die Öffnung des Milchmarkts noch ein Thema?
Ich bin der Meinung, dass die Schweiz sich nicht ausgerechnet im Milchbereich mit einer Liberalisierung schwächen sollte.