Darum gehts
- Easyjet-Flug wird zur 32-Stunden-Odyssee für Schweizer Passagierin
- Vogelschlag als Grund angegeben, Experte zweifelt an Erklärung
- Passagierin zahlte 360 Franken für Hin- und Rückflug, 352 für Ersatzflug
Die Heimreise von ihrem verlängerten Wochenende in Korsika hat sich Priska W.* (53) anders vorgestellt: Der 90-Minuten-Flug von Easyjet nach Basel wird zur 32-Stunden-Odyssee.
Kaum am Flughafen Ajaccio in Korsika angekommen, beginnt der Horrortrip: Easyjet verschiebt den Heimflug nach Basel, der eigentlich um 11.30 Uhr abheben sollte. Immer wieder wird der Flug nach hinten verschoben. «Während der ganzen Warterei gab es weder etwas zu essen noch zu trinken. Wir mussten alles selbst bezahlen. Und das Schlimmste: Informationen vonseiten Easyjet gab es keine», kritisiert Ringier-Mitarbeiterin W. «Es ist absolut nicht tragbar, wie Easyjet mit den Gästen umgeht.» Für Hin- und Rückflug bezahlte die Passagierin 360 Franken.
Nach acht Stunden streicht die Airline den Flug komplett. Grund: Vogelschlag. W. und die anderen Passagiere werden per SMS informiert – mit einem Link für mögliche Easyjet-Flüge zur Umbuchung. Das Problem: Die Flüge waren innert weniger Minuten ausverkauft. «Wenn ich mich nicht selber darum gekümmert hätte, wäre ich in zehn Tagen noch auf der Insel gesessen», so W. «Easyjet hat komplett versagt.»
Im Stress fordert sie kurzerhand eine Rückerstattung für den Rückflug mit Easyjet. Schliesslich kann sie nicht zehn Tage warten. Die 180 Franken bekommt sie nach wenigen Tagen zurückerstattet.
Zurück nach Korsika
Für den Folgetag bucht sie einen Rückflug mit Air France, bei dem sie einmal in Paris umsteigen muss. Das kostet sie 352 Franken. «Ich hoffe, dass mir Easyjet die Differenz bezahlt», sagt W. Denn es folgen weitere Kosten: Sie muss eine zusätzliche Übernachtung in Korsika bezahlen. Zudem fällt sie einen Tag bei der Arbeit aus.
Doch kaum abgehoben, verfliegt die Erleichterung auch bereits wieder. Die Maschine hat einen Motorschaden – es heisst also umkehren und zurück nach Korsika. Mit der nächsten Maschine schafft es W. dann endlich nach Paris, doch der Anschlussflug ist weg. «Der Service von Air France war sensationell – der Service von Easyjet dagegen nicht existent», so W.
Der zweite Rückreiseversuch dauert 17 Stunden, bis W. endlich zu Hause ankommt. Mit Metro, TGV und dem Bummelzug schafft sie es zu ihrem Auto am Flughafen Basel. Dank spontaner Hilfe: Im Zug nach Saint-Louis lernt W. eine junge Frau kennen. Sie und ihr Freund fahren sie spontan zum Airport Parking, wo ihr Auto steht. «Ein kleines Happy End», so W.
Vogelschlag – oder doch nicht?
Doch W. macht die ganze Odyssee wahnsinnig hässig. Bei ihrer Recherche fand sie heraus: Der Vogelschlag fand bereits früh am Morgen auf einem anderen Flug statt. Bei der Absage des Flugs würde es sich deshalb um eine Folgeunterbrechung handeln – damit hätte W. Anspruch auf eine zusätzliche Entschädigung.
Doch Easyjet beharrt auf Anfrage von Blick auf dem Vogelschlag: «Ein solcher Vorfall gilt als aussergewöhnlicher Umstand, weshalb in diesem Fall kein Anspruch auf eine Entschädigung besteht.»
Philippe Strässle (57), Rechtsexperte beim Fluggastrechteportal Airhelp, kennt die Maschen der Airlines: «Es gibt keine offizielle Datenbank für Vogelschläge – das wissen die Fluggesellschaften.» Er zweifelt deshalb, dass es zu einem Vogelschlag gekommen ist. «Wahrscheinlich war es eine Verspätung irgendeiner Art – und irgendwann hiess es dann halt Vogelschlag.»
«Mir geht es um meine Rechte»
Doch Easyjet hat sich gemäss Strässle grösstenteils richtig verhalten. Um einen Ersatzrückflug muss sich die Airline tatsächlich nicht kümmern. Andere Airlines wie Swiss oder Air France nehmen die Umbuchung für ihre Passagiere zum Teil vor, aber dazu seien sie rechtlich nicht verpflichtet. «Das gehört einfach zum Service. Low-Cost-Airlines wie Easyjet ist das dagegen egal», so Strässle.
Gemäss dem Rechtsexperten muss Easyjet noch für die zusätzliche Übernachtung und weitere Kosten aufkommen. Zudem ist die Fluggesellschaft ab drei Stunden Verspätung für die Verpflegung am Flughafen zuständig – das hat sie jedoch nicht getan. Deshalb kämpft W. weiter für eine Entschädigung: «Mir geht es um meine Rechte. In meinen Augen hat Easyjet uns Passagiere angelogen – das ist eine Frechheit.»
Mit ihrer Wut im Bauch hat sich W. nochmals an die Airline gewandt und angedroht, den Fall bis ans Bundesamt für Zivilluftfahrt (Bazl) weiterzuziehen. Zehn Tage nach dem annullierten Flug hat Easyjet ein Einsehen und ihr ein Formular für die Übernachtungsspesen zugestellt.
*Name bekannt