Duell
Wallis gegen Graubünden

Publiziert: 03.03.2007 um 21:14 Uhr
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Aktualisiert: 12.10.2018 um 15:44 Uhr
VON FLURINA VALSECCHI UND MARCEL ODERMATT
Wer ist der bessere Tourismuskanton – Graubünden oder Wallis? Neuste Waffe der Walliser ist der Lötschberg-Tunnel. Damit wollen sie den Bündnern die Touristen wegschnappen.Urs Zenhäusern (42), Direktor von Wallis Tourismus hat Grund zur Freude: «Unser Kanton wird zum neuen Naherholungsgebiet der Deutschschweiz.» Am 9. Dezember 2007 geht der Neat-Lötschberg-Tunnel in Betrieb. Damit verkürzt sich die Bahnreise ins Wallis um eine Stunde. Das heisst: Gäste aus Zürich sind gleich schnell in Zermatt VS wie in St. Moritz GR.


Das bringt Graubünden arg in Bedrängnis. Schon seit mehreren Jahren gehört die einstmals begehrteste Ferienecke der Schweiz zu den Verlierern im Wettkampf um die Gäste.

  • Seit 1992 haben die Logiernächte in Graubünden um 13 Prozent auf 5,7 Millionen abgenommen. Das Wallis konnte seine Übernachtungen im selben Zeitraum bei 4,2 Millionen halten.
  • Seit 1990 gingen im Bündner Tourismus 2600 Arbeitsplätze verloren.
  • Die Zukunft sieht nicht rosiger aus: Nach Einschätzung des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) stagnieren die Übernachtungszahlen in Graubünden ab 2008. Das Wallis dagegen könnte 1 bis 1,2 Prozent pro Jahr zulegen.

Wenn die Walliser über ihre künftigen Erfolge sprechen, sehen die Bündner alt aus:
  • Das Wallis rechnet nach der Lötschberg-Eröffnung mit jährlich 400 000 zusätzlichen Übernachtungen, das entspricht einer Zunahme von bis zu 20 Prozent.
  • 1000 Arbeitsplätze sollen entstehen.

Dennoch gibt man sich in Chur offiziell gelassen. Gaudenz Thoma (41), Direktor Graubünden Ferien: «Es gibt keinen Grund zur Panik. Wir bringen unseren Kanton mit unserer eigenen Strategie vorwärts, und setzen auf unser bewährtes, breites Angebot.» Zugleich ist vieles im Umbruch:
  • Seit Anfang Jahr hat Gaudenz Thoma als neuer Chef das Sagen bei Graubünden Ferien. Sein Vorgänger Olivier Federspiel (46) wurde entlassen.
  • Die bisher 92 Ferienregionen sollen in vier bis sechs Grossdestinationen zusammengefasst werden.
  • Graubünden Ferien erarbeitet zurzeit einen neuen Marketingauftritt.

Der Walliser Tourismuschef Zenhäusern spricht offen aus, was viele Bündner denken: «Graubünden befindet sich in einer Orientierungskrise.»

Jetzt macht Eugen Arpagaus (44), Chef vom Bündner Amt für Tourismus, einen überraschenden Vorstoss: «Wir müssen stärker mit dem Wallis zusammenarbeiten. Nur so kann die Schweiz auf internationaler Ebene wettbewerbsfähig bleiben.»

Einen Annäherungsversuch der speziellen Art gab es bereits: Olivier Federspiel, abgesetzter Chef von Graubünden Ferien, erhielt von seinem Arbeitgeber zum Abschied einen Aufenthalt – in Zermatt.
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