Von Roman Seiler
Beschwerden von Opfern windiger Vermittler verpuffen meist wirkungslos. Denn kontrolliert werden sie kaum. In der Grundversicherung existiert keine staatliche Aufsicht über die Vermittler, gesteht ein Sprecher des zuständigen Bundesamts für Gesundheit (BAG).
Und bei der für die private Zusatzversicherung zuständigen Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma) sind es gerade mal vier Personen, die über die Tätigkeit sämtlicher Versicherungsvermittler wachen.
Arbeit für die Aufsicht gäbe es genug. Die jüngsten Skandale:
- Im luzernischen Entlebuch fälschte ein Vermittler gegen 50 Anträge.
- Vermittler der Internationalen First Groupe GmbH (IFG) in Langenthal BE frisierten Tausende von Versicherungsanträgen für die Groupe Mutuel. Der Walliser Konzern kündigte deswegen die Verträge mit der IFG-Truppe Anfang Mai fristlos.
- Ernst Brügger, ein in Langenthal tätiger Versicherungsmann, schuldet mehr als 2500 Concordia-Kunden eine Prämie von 120 Franken, die er ihnen für den Abschluss eines bestimmten Versicherungspakets versprochen hat. Brügger behauptet, die Concordia habe ihn rausgeschmissen und alle Unterlagen abtransportiert. Er will erst zahlen, wenn der hängige Streit beendet ist.
Die Dummen sind wir, die Kunden. Dieses Problem habe Gesundheitsminister Didier Burkhalter erkannt, sagt dessen Sprecher Jean-Marc Crevoisier. Doch sein Vorschlag, Makleraktivitäten in der Grundversicherung zu verbieten, habe das Parlament versenkt.
Danach verpflichteten sich die Krankenversicherer, nur noch mit Maklern und Vermittlern zusammenzuarbeiten, «die minimale Qualitätsanforderungen» erfüllen. Zudem verzichten sie seit Anfang Juni auf die Telefonwerbung für die Grundversicherung und beschränken die Provision für Neukunden in diesem Geschäft auf 50 Franken.
Crevoisier sagt dazu: «Wir sind nicht blauäugig und beobachten genau, wie sich die Versicherer verhalten.» Funktioniere die Selbstregulierung nicht, werde im Rahmen des geplanten Aufsichtsrechts erneut ein Maklerverbot vorgeschlagen: «Das ist Bundesrat Burkhalter ein persönliches Anliegen.» Überprüft werde auch, ob die Kassen ihr Versprechen einhalten, in der Grundversicherung bei den Provisionen 60 bis 100 Millionen Franken einzusparen.
Doch Burkhalter wird kaum drum herumkommen einzugreifen:
- Immer häufiger bahnen Callcenter im Ausland, beispielsweise im Kosovo, Termine für Vermittler an. IFG-Insider berichten, deren Telefondrücker in Pristina hätten dabei «krass» gelogen.
- Selbst grosse Krankenversicherer wissen nicht, ob ihre Vermittler mit Callcentern im Ausland zusammenarbeiten. «Reklamationen von Kunden würden wir sofort nachgehen», sagt Groupe-Mutuel-Sprecher Christian Feldhausen. Nur, wie soll das gehen? Einige Anbieter arbeiten verdeckt, lassen gar gefälschte Nummern auf den Displays der Telefonapparate ihrer Schweizer Opfer erscheinen.
- «Gewisse Makler und Vermittler wenden immer die gleiche Masche an», sagt Rudolf Luginbühl, Ombudsmann Krankenversicherung. «Sie verlangen von ihren Kunden, dass diese eine Offerte oder ein Besprechungsprotokoll unterzeichnen. Dabei handelt es sich aber um Versicherungsanträge und Kündigungsformulare.» Diese Tricks wandten auch die Vermittler des IFG-Netzwerks an.
Deren Chefs sind nicht im Vermittlerregister der Finma eingetragen. Gegen solche «gebundenen Vermittler» besteht laut Finma «aufsichtsrechtlich keine direkte Handhabe»: «Die Verantwortung für deren Auslese, Ausbildung und Überwachung liegt beim Versicherer.» Träten Missbräuche auf, gehe die Finma gegen die Firma vor.
Nur, dafür fehlen der Finanzaufsicht die Mittel. Nötig wäre, so Luginbühl, «mehr Geld in eine bessere Aufsicht zu investieren, um Vermittler zu stoppen, die mit unlauteren Methoden arbeiten.» Auch die Vorschriften betreffend Ausbildung von Vermittlern müssten verschärft werden.
- Die neue Präsidentin der Stiftung für Konsumentenschutz, SP-Nationalrätin Prisca Birrer Heimo, verlangt, dass Vermittler gegenüber Kunden offenlegen müssen, wie hoch ihre Provisionen sind. Regeln könnte die Transparenz über die Vergütungen die geplante Revision des Versicherungsvertragsgesetzes – doch das kann dauern.
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