Minus 10, 20, 30 oder sogar 40 Prozent: Der Detailhandel überbietet sich mit Wein-Aktionen. «Der Schweizer Weinmarkt war noch nie so hart umkämpft wie heute», sagt Gastrounternehmer Rudi Bindella von der gleichnamigen Familien-Holding zu BLICK. Mit dem Vorstoss des Discounters Lidl ins Geschäft mit teuren Spitzenweinen erreicht der Konkurrenzkampf nun eine neue Dimension.
Seit Anfang Oktober poliert der deutsche Harddiscounter an seinem Image in den 97 Läden und im Internet: Neu präsentiert Lidl seine Weine in rustikalen Holzkisten, in einem 60-seitigen Hochglanz-Katalog und auf einer neuen Weinplattform im Internet. Weinexperte und Lidl-Botschafter Christian Bauer wirbt für die 133 Weine im Angebot. Der teuerste: ein Château Talbot für 64.90 Franken. Bisher kostete der teuerste Weine maximal 30 Franken. Und Lidl will die Zahl an Spitzenweinen noch ausbauen.
Grund für die Luxusoffensive des Discounters: «Der Kauf von Weinen ist eine Männerdomäne. Mit den Spitzenweinen kann Lidl Männer als Kunden gewinnen, die bisher keinen Fuss in den Discounter gesetzt haben», sagt Detailhandelsexperte Gotthard F. Wangler. Zweiter Grund: Der deutsche Discounter passt sich damit besser an den Schweizer Markt an: «Qualität kommt vor dem Preis. Schweizer geben auch beim Discounter gern etwas mehr aus.»
Auch Aldi hat es auf die Männer abgesehen und führte im Oktober erstmals Weindegustationen durch. Der Discounter stellte ebenfalls eine Weinplattform ins Netz und trimmte die Weinregale auf edel. Der teuerste Tropfen ist allerdings schon für 20 Franken zu haben.
Schweizer Weinhändler fühlen sich durch die Offensive der Discounter bedroht. Sie sind verunsichert, wie eine Umfrage bei den Ausstellern auf der Zürcher Weinmesse Expovina zeigt. Namentlich äussern wollen sie sich aber nicht.
Expovina-Sprecher Othmar Stäheli beschwichtigt: «Die Weinfachhändler leiden sicher auch unter dem Vorstoss der Discounter. Doch in erster Linie sind die Grossverteiler betroffen.»
Karl Schefer, Chef des Weinhändlers Delinat: «Wer nicht ein Segment wie wir mit Bio-Winzerweinen erfolgreich besetzt oder über treue Kunden verfügt, dürfte die Konkurrenz deutlich spüren. Manche werden das nicht überleben.»