Richten können es laut Hanspeter Thür nur die Facebook-Nutzer selber: «Sie müssen sich eigenständig für ihre Interessen einsetzen», so der Schweizer Datenschützer. Allerdings wüssten die wenigsten, was sie dem sozialen Netzwerk alles schenkten. Thür: «Sie lassen sich von technischem Schnickschnack blenden.»
Weil jeder, der auf dem Bildschirm sein Häkchen unter Facebooks Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) setzt, damit einen Vertrag schliesst, hat SonntagsBlick Antworten auf die Frage gesucht: Wer bekommt bei diesem Deal was?
Zürichs Datenschutzbeauftragter Bruno Baeriswyl (59), der das Kleingedruckte der AGB akribisch unter die Lupe genommen hat, zieht das schlichte Fazit: «Die Nutzer willigen ein, dass Facebook mit ihren Daten machen kann, was es will.»
Unter anderem darf das Unternehmen persönliche Daten auch an Werber weiterreichen. «Letzten Endes entscheidet Facebook allein, was es Dritten gibt», sagt Baeriswyl. Es verpflichte sich auch nicht zum Schutz der Daten, wie es internationalen Standards entspräche. «So kann jederzeit etwas frei zugänglich ins Internet gelangen.»
Menschen aus aller Welt geben auf diese Weise Unmengen von Informationen her: 1,28 Milliarden posten auf Facebook private Gespräche, Familienbilder, Berichte von Reisen, Geburten, Heiraten und Beerdigungen.
Einen grösseren Datensatz über soziales Verhalten gab es nie.
Aus diesem Datenschatz schöpft das Imperium von Mark Zuckerberg (30) gewaltige Werte. Investoren an der US-Börse taxieren Facebook auf 170 Milliarden Dollar. Laut Aktienkurs ist also jeder User im Schnitt 135 Dollar wert. Und es werden jedes Quartal mehr.
Die Zahl sollte auch Schweizer Nutzern zu denken geben: Umgerechnet überlässt jeder von ihnen Facebook demnach Daten im Wert von rund 120 Franken. Die 3,4 Millionen Nutzer in der Schweiz überreichen Facebook also gleichsam einen Scheck über 400 Millionen.
Im Gegenzug erhalten sie jedoch ebenfalls etwas. Die Plattform erlaubt ihnen, online mehr Menschen zu erreichen als ohne Facebook. «So erfahren sie häufig Dinge, die Geld wert sind, etwa, wo es offene Stellen gibt oder freie Wohnungen», sagt Karin Frick (53), Trendforscherin am Gottlieb-Duttweiler-Institut in Rüschlikon ZH.
Zudem sei es schliesslich erst Facebook, das aus den Daten Geld macht. «Von einem Einzelnen hat die Wirtschaft nicht viel», sagt Frick. Nur im Netzwerk liessen sich Trends erkennen und Gruppen bewerben. «Facebook schafft Mehrwert, indem es Millionen Menschen auf eine Plattform bringt.»
«Was Facebook künftig für die Daten zahlt, ist Verhandlungssache», sagt Frick. Dasselbe gilt für die Privatsphäre. Die Konsumentenvertreterin Sara Stalder (47) will, dass sie automatisch maximal geschützt wird. Doch wenn man Datenschützer Thür glaubt, muss jeder selber wissen, welchen Deal er mit Facebook eingeht.