Die 25-jährige Fadrina Hasler macht ihren Master in Psychologie und könnte sich vorstellen, nach ihrem Studium bei Unternehmen wie Nikin oder Unilever zu arbeiten. Bei Shell oder Nestlé hingegen würde sie keinen Job annehmen. Wieso? «Für mich ist Nachhaltigkeit zu zentral, als dass ich in einem Unternehmen mit schlechtem Einfluss auf die Umwelt arbeiten könnte», sagt sie. Für sie ist es wichtig, dass sie hinter ihrem Job stehen kann.
Das, was Fadrina Hasler tut, nennt sich «Climate-Quitting» und ist ein Trend, der sich langsam in der Arbeitswelt auszubreiten beginnt. Auf Linkedin ist er bereits angekommen. Dort gibt es Menschen, die verkünden, dass sie aufgrund ihrer Werte ihren Job gekündigt oder ihn nicht angetreten haben.
Ein Beispiel ist Sarah Nicholas aus Genf, die nach ihrem Studium in Werbung und Marketingkommunikation schon einen Job in der Tasche hatte, sich aber entschied, ihn nicht anzutreten. In einem Linkedin-Beitrag schreibt sie:
«Nachhaltigkeit war für mich schon immer ein zentraler Wert, und so faszinierend die Welt der Werbung auch sein mag, es fühlte sich nicht richtig an, Produkte zu vermarkten, die wir nicht wirklich brauchen und von denen die meisten die Umwelt massiv schädigen.» Später gründete sie eine digitale Agentur namens Manakin Regenerative, um Unternehmen im Content Marketing zu unterstützen und ihnen zu zeigen, wie Nachhaltigkeit zu Kundengewinnung und Mehrwert für ihre Produkte führen kann.
Der Trend erklärt
Doch was bedeutet «Climate-Quitting» genau? Und existiert es auch ausserhalb der Linkedin-Blase?
Von «Climate-Quitting» wird gesprochen, wenn Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ihren Job kündigen oder einen Job gar nicht erst annehmen, weil sie sich mit der Klima- und Umweltstrategie des Arbeitgebers nicht identifizieren können. Manchmal existiert eine solche Strategie auch gar nicht. Das ist der Fall, wenn das Unternehmen dem Klima schadet, anstatt etwas gegen die Klimakrise zu unternehmen.
Die Strategie rund um ESG
Ein Teil einer existierenden und von «Climate-Quitters» begrüssten Strategie sind ESG (Environmental, Social and Corporate Governance). Das sind Rahmenbedingungen und Kriterien für die Berücksichtigung von Umwelt-, Nachhaltigkeits- und Sozialfragen innerhalb eines Unternehmens. Eine Studie des Unternehmens KPMG aus dem Vereinigten Königreich zeigt die Relevanz von ESG auf – und wie es sich auf den Arbeitsmarkt auswirken kann.
Von den rund 6000 erwachsenen britischen Büroangestellten, Studenten, Studentinnen, Auszubildenden, Hochschulabsolventen und Hochschulabsolventinnen wünscht sich fast jede zweite Person (46 Prozent), dass sich das Unternehmen, für das sie arbeitet, für ESG einsetzt. Und jede fünfte Person hat bereits eine Stelle abgelehnt, weil das Umwelt-Engagement des Unternehmens nicht mit ihren Werten übereinstimmte.
Die Studie wurde von KPMG in Auftrag gegeben, einem globalen Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen, das auch in der Schweiz Niederlassungen hat. Im Vereinigten Königreich wurde zwischen 7. und 17. Oktober 2022 eine Umfrage durchgeführt, an der über 5700 Erwachsene teilnahmen. Die Befragung umfasste britische Büroangestellte, Studierende, Auszubildende und Personen, die in den vergangenen sechs Monaten eine höhere Ausbildung abgeschlossen hatten. Die Befragten wurden hinsichtlich ihrer Ansichten zum Arbeitsmarkt und ihren Erwartungen an potenzielle Arbeitgeber befragt. Unter den Teilnehmenden befanden sich auch über 1000 Schulabsolventen.
Die Studie wurde von KPMG in Auftrag gegeben, einem globalen Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen, das auch in der Schweiz Niederlassungen hat. Im Vereinigten Königreich wurde zwischen 7. und 17. Oktober 2022 eine Umfrage durchgeführt, an der über 5700 Erwachsene teilnahmen. Die Befragung umfasste britische Büroangestellte, Studierende, Auszubildende und Personen, die in den vergangenen sechs Monaten eine höhere Ausbildung abgeschlossen hatten. Die Befragten wurden hinsichtlich ihrer Ansichten zum Arbeitsmarkt und ihren Erwartungen an potenzielle Arbeitgeber befragt. Unter den Teilnehmenden befanden sich auch über 1000 Schulabsolventen.
Die Studie zeigte auch, dass bei denjenigen Befragten, die zwischen 25 und 34 Jahre alt waren, die Wahrscheinlichkeit am grössten war, dass sie das Engagement des Unternehmens für ESG zu schätzen wissen. Die Alterskategorien 18 bis 24 und 35 bis 44 Jahre lagen nicht weit dahinter.
Starke Ausprägung bei jungen Menschen
Das amerikanische Wirtschaftsmagazin «Forbes» hat letztes Jahr eine Analyse publiziert, die zeigt, dass im Jahr 2025 die Generation Y 75 Prozent der arbeitenden Bevölkerung ausmachen wird. Das sind Menschen, die ungefähr zwischen 1980 und 1995 geboren wurden. Bei ihnen sowie ihren Nachfolgern der Generation Z sind Umwelt- und Klimaanliegen besonders hoch.
Der Leiter von ESG bei KPMG im Vereinigten Königreich sagt zu der Analyse von «Forbes»: «Für die Unternehmen ist die Marschrichtung klar. Bis 2025 werden 75 Prozent der arbeitenden Bevölkerung Millennials sein, was bedeutet, dass sie glaubwürdige Pläne für ESG haben müssen, wenn sie weiterhin diese wachsende Gruppe von Talenten anziehen und halten wollen.»
Der Unterschied zu «Quiet Quitting»
Der Begriff «Climate-Quitting» erinnert an das Schlagwort «Quiet Quitting». «Quiet Quitting» ist ein Begriff, der schon vor einigen Jahren auf der Bildfläche erschienen ist. In den sozialen Medien wurde er intensiv diskutiert. Anders als beim «Climate-Quitting» steht beim «Quiet Quitting» jedoch nicht unbedingt eine Kündigung im Raum. Es geht vielmehr darum, dem Lohn entsprechend zu arbeiten. Kommt vom Chef oder der Chefin nicht genug Dankbarkeit und sehen Angestellte den Sinn ihrer Arbeit nicht, arbeiten sie genau so lang, wie es in ihrem Arbeitsvertrag steht, und nicht länger.
Etwas Gemeinsames haben die beiden Trends: Sie betreffen vor allem jüngere Leute aus den Generationen Y und Z und sie drehen sich um die persönlichen Werte der Angestellten.
Tom Lakin, der als Senior Innovation Manager bei der Personalberatung Robert Walters arbeitet, fasste dies in einem Linkedin-Beitrag zu «Climate-Quitting» passend zusammen:
«Die Pandemie veranlasste die Arbeitnehmer, sich einige einfache, aber wichtige Fragen zu stellen: Möchte ich jeden Tag zur Arbeit pendeln? Welchen Sinn hat mein Job über mein Gehalt hinaus? Gibt es einen Sinn in meiner Arbeit? Viele dieser Fragen führten dazu, dass Millionen von Menschen ihren Job kündigten», schreibt er.
«Die Fragen, die sich die Menschen im Jahr 2023 stellen, sind eine Erweiterung dieser Fragen: Möchte ich für ein Unternehmen arbeiten, das sich nicht um die Umwelt kümmert? Möchte ich für ein Unternehmen arbeiten, das nicht vielfältig ist? Möchte ich für ein Unternehmen arbeiten, das nicht seinen gerechten Anteil an den Steuern zahlt?»
Blick auf die Schweiz
«Climate-Quitting» ist in der Schweiz bereits fest verankert, weiss Dozent Lukas Weiss, Experte im Thema sozial-ökologische und gesellschaftliche Transformation. «Wenn Unternehmen wollen, dass sich ihre Mitarbeitenden mit dem Unternehmen und ihrer Arbeit identifizieren, dann müssen sie auch für Werte einstehen, die ihre Angestellten teilen», sagt er.
Der Dozent unterstreicht die Bedeutung der Anpassung von Unternehmen an Trends wie «Quiet Quitting« und «Climate-Quitting»: «Unternehmen, die sich der gesellschaftlichen Entwicklung zu mehr Umweltsensibilität nicht anpassen, werden zusehen müssen, wie ihnen die engagiertesten Mitarbeitenden durch fortschrittlichere Unternehmen abgeworben werden, oder eben künden.» Der aktuelle Fachkräftemangel würde dieses Phänomen zusätzlich verstärken.
«Gerade von jüngeren Menschen hört man zunehmend die Aussage, lieber gar nicht arbeiten zu wollen als einen Job annehmen zu müssen, der ihren Werten nicht entspricht», erklärt Weiss und unterstreicht damit eines der aktuell grössten Probleme auf dem Arbeitsmarkt.
Lukas Weiss ist diplomierter Pädagoge. Er studierte 2017 als Vertiefung an der Europa-Universität Flensburg (D) sozial-ökologische, gesellschaftliche Transformation. Er war Initiant des Bieler Forums der Zukunft und Leiter des Swissaid-Projekts Entwicklungswerkstätten für die Schweiz.
Lukas Weiss ist diplomierter Pädagoge. Er studierte 2017 als Vertiefung an der Europa-Universität Flensburg (D) sozial-ökologische, gesellschaftliche Transformation. Er war Initiant des Bieler Forums der Zukunft und Leiter des Swissaid-Projekts Entwicklungswerkstätten für die Schweiz.
In Bezug darauf, was Firmen tun können, um Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei sich zu halten, sagt Weiss: «Eine glaubwürdige Klima- und Energiestrategie gekoppelt an konkrete Massnahmen hilft hier sicher schon mal weiter. Daneben spielen weitere Aspekte wie die Unternehmenskultur allgemein, die Anstellungsbedingungen, oder auch die Teamdynamik eine Rolle. Die Unternehmen sind heute auf vielen Ebenen gefordert.»
Der Dozent spricht auch die Bedeutung von ESG-Orientierung für Unternehmen an: «Heutige Unternehmens- und Konzernleitungen sollten sich am ESG orientieren, damit sie morgen nicht von gestern sind.»
Chancen für Unternehmen
Haben Trends wie «Climate-Quitting» langfristige Auswirkungen auf die Arbeitswelt? Weiss betont, dass der Druck auf die Unternehmen zunehmen wird, je spürbarer die Folgen des Klimawandels in der Schweiz werden.
Er sieht eine Chance darin, dass Unternehmen «Climate-Quitting» frühzeitig erkennen und Massnahmen ergreifen, um ihre Mitarbeitenden zu halten und in den notwendigen Innovationsprozess einzubeziehen.