Der schwedische Modekonzern plant einen Teil seiner Kleider künftig im afrikanischen Äthiopien zu produzieren. Gegenüber dem «Wall Street Journal» bestätigte eine Sprecherin diese Absichten: «Als global wachsendes Unternehmen müssen wir ständig unsere Produktionsstandorte überprüfen, um die stetig wachsende Zahl von Läden zu beliefern.»
Bereits seien erste Testbestellungen bei äthiopischen Lieferanten getätigt worden. Die Massenproduktion von Kleidern könnte schon nächsten Frühling losgehen, heisst es bei H&M.
Halb so teuer wie in China
Schon länger überlegen sich verschiedene grosse Modekonzerne Alternativen zum Produktionsstandort Südchina. Dort sind die Löhne der Arbeiter in den letzten Jahren stetig gestiegen. Die Sanford C. Bernstein Beratungsfirma schätzt, dass ein Kleidungsstück in Äthiopien für die Hälfte des Geldes hergestellt werden kann, wie in China.
Allerdings warnt die Beratungsfirma schon vor steigenden Kosten in Äthiopien. Im afrikanischen Land haben sich zwischen 2010 und 2011 die Preise um 18 Prozent erhöht. Sanford C. Bernstein erwartet, dass bis 2019 die Kosten in Äthiopien über jenen von China liegen werden.
Die Modekonzerne sehen Vorteile darin ihre Textilfabriken an verschiedenen Orten auf der Welt zu haben. Mit Äthiopien rückt die Textilfabrik ein Stück näher an die europäischen Konsumenten heran, was die Transportkosten reduziert und die Lieferzeiten verkürzt.
Anne Critchlow, Analystin bei Société Générale sagt gegenüber dem «Wall Street Journal»: «Wenn H&M ein Rolle beim Aufbau der Textilindustrie in Äthiopien spielen kann und gleichzeitig von tieferen Kosten profitiert, dann denke ich 'Warum nicht Äthiopien?'»
Italiener brachten Textilindustrie nach Äthiopien
Ganz neu ist die Textilindustrie im afrikanischen Land nicht. Die erste Modefabrik entstand während der italienischen Besatzung 1939. Über 60 Jahre später hat das Land grosse Wachstumspläne für diesen Industriezweig. Die äthiopische Regierung will seiner Textilindustrie wieder Leben einhauchen und bis 2016 Kleiderexporte im Wert von 1 Milliarde Dollar erreichen. Noch ist man davon noch ein ganzes Stück entfernt. Für rund 100 Millionen Franken exportierte die heimischen Modefabriken im letzten Jahr.
Mit billigen Krediten, günstigem Bauland und Arbeitskräften, sowohl tiefen Steuern, will man ausländische Firmen ins Land holen und in den nächsten Jahren von einer Agrarnation zu einer Industrienation werden.