Burnout bei SBB-Personal – Psychologinnen warnen
«Es kann jeden treffen»

Burnout bei Lokführern und Einsatzplanern: Wie gefährlich ist das? Wie häufig kommt es vor? Und warum steigt die Zahl der Betroffenen? Zwei Gesundheitsexpertinnen geben Auskunft.
Publiziert: 03.10.2019 um 22:21 Uhr
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Die Bahn fährt am Limit: Es fehlt an Rollmaterial und Personal.
Foto: Keystone
Marc Iseli

Lehrer, Arzt, Polizist: Diese Berufe stehen im Ruf, ausgebranntes Personal zu produzieren. Auch Bähnler scheiden zunehmend mit Burnout aus (BLICK berichtete). Die zahlreichen Sparprogramme und der Personalmangel im Führerstand haben Folgen für die Gesundheit der Angestellten.

Das Burnout-Syndrom ist ein Zustand der emotionalen Erschöpfung. Betroffene leiden unter Schlafstörungen, chronischer Müdigkeit und einem Mangel an Energie. Ein Gefühl der Leere stellt sich ein. Die Konzentration schwindet, Betroffene werden zunehmend vergesslich. Für Lokführer ist das besonders gefährlich. Sie steuern Personenzüge. Ein Fehler kann Menschenleben kosten.

Lohn als Faktor

«Es kann jeden treffen», sagt Psychologin Beatrice Neff (44). Sie arbeitet für die Non-Profit-Organisation Perspektive Thurgau. Ihr Fachgebiet: psychische Gesundheit, Gesundheitsförderung und Prävention.

Über das Burnout-Syndrom sagt sie: «Schwierige Verhältnisse am Arbeitsplatz begünstigen das Entstehen.» Dazu gehören: schlechte Entlöhnung, unklare Anweisungen, fehlende berufliche Perspektiven und geringe Wertschätzung.

Risikogruppe Bähnler

Ob SBB-Angestellte zur Burnout-Risikogruppe gehören, kann Neff nicht beurteilen. Gewerkschaften und Berufsverbände warnen aber schon seit Jahren: Die Belastung im Job ist zu gross. Gleichzeitig fehle es an Wertschätzung. Die Diskussionen um Züge ohne Lokführer verunsicherten das Personal. Die Entlöhnung sei zu tief.

Erschwerend kommt hinzu: Das Anforderungsprofil und der Druck wachsen. Lokführer sind nicht nur bis zu zwei Wochen ohne Pause unterwegs. Die Arbeit der Zugführer wird auch anspruchsvoller, wie ETH-Arbeitspsychologin Gudela Grote (58) wiederholt aufgezeigt hat. Die Züge fahren schneller, der Fahrplan ist eng getaktet, die Signale folgen dicht aufeinander, der Verkehr nimmt rasant zu. Das alles fördert die Misere im Lokführerstand.

Reorganisation mit Folgen

Nicht zuletzt ist die SBB mitten in der grössten Reorganisation der letzten 20 Jahre: Die Division Personenverkehr hat sich neu aufgestellt. Sie ist die wichtigste Einheit des Konzerns. Teams wurden neu zusammengewürfelt. Verantwortlichkeiten neu zugewiesen. Alles in rasantem Tempo.

Das ist auch der Hintergrund eines traurigen Höhepunkts in der Geschichte der «Schweizerischen Burnout-Bahnen»: Eine Ambulanz hat einen Bähnler mit Leitungsfunktion direkt vom Arbeitsplatz abgeholt. Er arbeitete bis zum Zusammenbruch (BLICK berichtete).

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