Knappes Budget von getrenntem Vater (48)
«Ich zahle jeden Monat 1378 Franken Alimente»

Thomas Rieser (48) arbeitet Vollzeit. Seit der Trennung bleibt aber Ende Monat nichts mehr übrig. Die Alimente für seinen Sohn gehen ins Geld. Er legt sein Budget offen.
Publiziert: 12:03 Uhr
|
Aktualisiert: 12:11 Uhr
Teilen
Schenken
Anhören
Kommentieren
1/2
Thomas Rieser bleibt nach Abzug der Alimente an seinen Sohn nicht viel zum Leben. (Symbolbild)
Foto: imago/Westend61

Darum gehts

Die Zusammenfassung von Blick+-Artikeln ist unseren Nutzern mit Abo vorbehalten. Melde dich bitte an, falls du ein Abo hast.
katrin_reichmuth.jpeg
Katrin Reichmuth
Beobachter

Thomas Rieser, der in Wirklichkeit anders heisst, ist gelernter Mechaniker, 48 Jahre alt und Vater eines Sohns. Nach der Lehre war er ein paar Jahre selbständig, danach bereiste er die Welt und landete schliesslich als Skilehrer im Engadin. Vor 17 Jahren wechselte er von der Skipiste in ein Sportgeschäft und arbeitet seither im Verkauf und ist zuständig für den Webshop.

Riesers Sohn lebt bei seiner Mutter im Kanton Aargau. Nach der Trennung noch während der Schwangerschaft ist sie in die Nähe ihrer Eltern gezogen – drei Stunden Autofahrt von Riesers Zuhause im Engadin entfernt.

Artikel aus dem «Beobachter»

Das ist ein Beitrag aus dem «Beobachter». Das Magazin berichtet ohne Scheuklappen – und hilft Ihnen, Zeit, Geld und Nerven zu sparen.

Probieren Sie die Mobile-App aus!

Das ist ein Beitrag aus dem «Beobachter». Das Magazin berichtet ohne Scheuklappen – und hilft Ihnen, Zeit, Geld und Nerven zu sparen.

Probieren Sie die Mobile-App aus!

Alle drei Wochen holt Rieser seinen Sohn für drei Tage zu sich, zudem verbringen sie fünf Wochen Ferien zusammen. Rieser teilt sich mit der Kindesmutter das Sorgerecht, aufgrund der Distanz können sie die Betreuungszeit aber nicht gleichmässig aufteilen.

In der Beobachter-Serie «Die Abrechnung» gewährt Thomas Rieser einen Blick in sein Portemonnaie – und erzählt, wie er mit seinem Budget lebt. Wie viel Geld steht ihm zur Verfügung? Wofür gibt er es aus?

Meine Einnahmen

Ich arbeite Vollzeit und erhalte jeden Monat 4956 Franken netto. Das ist inklusive des 13. Monatslohns. Die Kinderzulagen von 230 Franken monatlich überweise ich direkt meiner Ex-Partnerin.

Meine Ausgaben

Wohnen: Ich bin sehr froh, dass ich eine bezahlbare Wohnung gefunden habe. Meine Einzimmerwohnung mit Galerie misst 40 Quadratmeter und kostet monatlich 1235 Franken.

Für den Preis ist sie nicht gerade gross, hat aber alles, was ich brauche. Einen Balkon, ein separates Badezimmer und eine Küche. Mein Bett ist in der Galerie platziert. Der Strom des lokalen Elektrizitätswerks kostet monatlich nochmals 40 Franken.

Alimente: Ich zahle meiner Ex-Partnerin für unseren gemeinsamen Sohn monatlich 1378 Franken Kindesunterhalt. Manchmal kommen noch ausserordentliche Kinderkosten für Zahnarzt oder Schulsachen dazu.

Pro Monat habe ich also maximal 3600 Franken zur Verfügung als Vollzeitarbeiter. Das empfinde ich als nicht sehr viel. Ich will damit aber nicht sagen, dass ich die Alimente als unangemessen hoch betrachte.

Telefon und Internet: 35 Franken pro Monat für Handy und Internet. Ich habe kein Fernsehabo, sondern streame Inhalte über die Apple-TV-Box.

Dazu kommen pro Jahr 335 Franken Serafe-Gebühren.

Gesundheit: Nach der Trennung von meiner Partnerin konnte ich einige Rechnungen nicht mehr bezahlen. Deshalb besuchte ich eine Schuldnerberatungsstelle. Dort wurde mir unter anderem empfohlen, dass ich die tiefstmögliche Franchise bei der Grundversicherung nehmen solle.

Die monatlichen Krankenkassenprämien sind zwar höher, aber ich kann meine Gesundheitskosten einschätzen. Denn ich habe schon ab und zu Probleme mit meinem Knie. MRI und Physio hätte ich mir nicht leisten können.

Ich zahle monatlich 425 Franken für die Krankenkassenprämie. Für Selbstbehalt und Franchise lege ich monatlich nochmals 85 Franken zur Seite.

Versicherungen: Die Hausratversicherung und die Privathaftpflichtversicherung kosten mich im Jahr 650 Franken. Ich habe ein teures E-Bike, das ich gut versichert habe. Ebenso, was wohl eher ungewöhnlich ist, mein Handy. Wenn das kaputtgeht, könnte ich mir nicht sofort ein neues leisten. Deshalb versichere ich es lieber.

Bei der Trennung gab es viele rechtliche Fragen. Damals habe ich mir Informationen von Verwandten, Bekannten und auch vom Beobachter geholt. Leider hatte ich damals keine Rechtsschutzversicherung. Seit kurzem habe ich eine. Das macht 60 Franken pro Jahr.

Mobilität: Ich hole meinen Sohn im Kanton Aargau ab und fahre ihn wieder zurück. Das ist der Hauptgrund, wieso ich ein Auto habe. Meine Eltern haben mir das Auto vor fünf Jahren gekauft. Einen Drittel habe ich ihnen zurückgezahlt, den Rest haben sie mir als Erbvorbezug angerechnet.

Die Motorfahrzeugsteuer und der Autoservice kosten mich jedes Jahr 1850 Franken. Dazu kommt die Autoversicherung von 1300 Franken pro Jahr. Den Betrag kann ich nicht auf einmal zahlen. Deshalb habe ich mit der Versicherung vereinbart, dass ich den Betrag in vier Raten bezahle.

Für Benzin gebe ich zirka 300 Franken im Monat aus.

Haushalt: Das habe ich im E-Banking nachgeschaut. Im Schnitt gebe ich jeden Monat 450 Franken für Lebensmittel aus.

Wenn ich alleine bin, schaue ich darauf, dass ich wenig Geld fürs Essen ausgebe. Ich ernähre mich dann vor allem von Teigwaren mit verschiedenen Saucen. Zum Frühstück gibt es bei mir immer zwei Spiegeleier, Brot und Käse. Ich esse auch gerne Gemüse und im Sommer Früchte von meinen Eltern. Sie haben einen riesigen Garten.

Sobald mein Sohn zu Besuch ist, kochen wir zusammen. Zum Beispiel gibt es dann Speck zum Frühstück, oder wir machen Sushi.

Ich habe kurze Haare, die schnell wachsen. Deshalb muss ich jeden zweiten Monat zum Coiffeur. Pro Besuch gebe ich 50 Franken aus. Für Hygieneprodukte wie Shampoo, Rasierschaum und Duschgel gebe ich sehr wenig Geld aus. Meistens kaufe ich diese Dinge, wenn sie Aktion sind. Ich habe mit 100 Franken pro Jahr gerechnet.

Verpflegung ausser Haus: Das werden zirka 50 Franken pro Woche sein. Ich habe nicht viel Zeit zum Mittagessen. Es muss schnell gehen, meistens ein Sandwich oder sonst etwas von der Bäckerei. Wenn es die finanzielle Situation gerade zulässt, hole ich mir am Abend auch einmal eine Pizza.

Kleidung und Schuhe: Das ist mein Laster. Dafür gebe ich monatlich 200 Franken aus. Also gleich viel wie fürs Auswärtsessen. Wenn ich ein Bild von jemandem sehe, der gut gekleidet ist, dann möchte ich diese Kleider haben. Zum Beispiel trage ich jetzt keine engen Jeans mehr, sondern bin auf lockere Hosen umgestiegen.

Über die Jahre hat sich einiges angesammelt. Ich habe zum Beispiel diverse Designer-Kleidungsstücke und zirka 50 Paar Schuhe. Dazu kommt eine Unmenge an Sportbekleidung. Die kann ich zwar zum Einkaufspreis beziehen, sehr günstig sind die Stücke dennoch nicht.

Mitgliedschaften: Ich habe den Beobachter abonniert. Das kombinierte Print- und Digitalabo kostet jährlich 188 Franken.

Freizeit: Ich bin sehr sportlich. Mit meinem E-Bike fahre ich auf den Berg, und manchmal renne ich dann weiter bis zum Gipfel. Das mache ich im Sommer ungefähr zweimal pro Woche. Im Winter bin ich auf der Skipiste anzutreffen. Ich habe schon seit Jahren die gleiche Ausrüstung.

Einheimische erhalten eine Vergünstigung bei den Bergbahnen. Für meinen Sohn und mich zahle ich für das Jahresabo 1120 Franken. Die Skiausrüstung für meinen Sohn leihe ich jeweils wochenweise bei Decathlon aus. Das ist mit zirka 60 Franken pro Woche am günstigsten.

Ich habe einen grossen Freundeskreis hier. Ab und zu treffe ich Freunde auf ein Bier. Oft bin ich aber auch müde von der Arbeit und habe keine Lust mehr auf Interaktionen. Dann gehe ich nach Hause und schaue Nachrichten, informiere mich auf Youtube über die Neuigkeiten in der Welt und schaue Dokus.

Ferien: Meine fünf Wochen Ferien verbringe ich mit meinem Sohn. Dafür habe ich aber kein zusätzliches Budget. Wir bleiben meistens im Engadin und verbringen Zeit in der Natur, suchen Kristalle oder gehen auf die Skipiste.

Steuern: Das mit den Steuern habe ich erst seit ein paar Jahren im Griff. Vorher war ich immer wieder im Verzug und wurde von der Steuerbehörde betrieben. Ich überweise nun jeden Monat 250 Franken auf das Steuerkonto.

Altersvorsorge: In meinen jungen Jahren habe ich ab und zu mal in die dritte Säule einbezahlt. Ehrlicherweise aber nie sehr konsequent. Ich habe mal mehr und mal weniger gearbeitet. Mit meinem Ersparten bin ich um die Welt gereist. Ich lebe im Moment und denke nicht darüber nach, was in 20 Jahren sein wird. Zumindest muss ich dann keine Alimente mehr zahlen.

Sparen und Vermögen: Es bleibt nie etwas übrig Ende Monat. Die Auflistung zeigt sogar ein Minus. Sobald nicht budgetierte Rechnungen ins Haus flattern, geht es nicht mehr auf. Entweder gebe ich dann weniger Geld für Kleidung aus, oder ich justiere beim Essen. Geld habe ich keines auf der Seite.

Wie spüre ich die Inflation?

Beim Benzin. Eine Tankfüllung kostet nun 50 Franken mehr als noch vor drei Jahren. Die Miete blieb zum Glück gleich, weil ich einen sozial eingestellten Vermieter habe.

Mein grösster Luxus

Materiell gesehen sind es wohl Kleider und Schuhe. Ansonsten würde ich sagen, dass ich im Engadin leben kann. Von meinem Balkon aus sehe ich die Berge. Ich lebe nur einen Katzensprung von einem richtig schönen Berggebiet entfernt.

So fühle ich mich

Seitdem ich Alimente zahle, lebe ich mit wenig Geld. Kommen unvorhergesehene Ausgaben dazu, etwa eine grössere Zahnarztrechnung für mich oder meinen Sohn, muss ich manchmal Abzahlungsvereinbarungen treffen. Das finde ich nicht so toll.

Generell ist es ein Auf und Ab. Es gibt Tage, an denen schätze ich mein Leben. Dann sitze ich auf meinem Balkon und bin glücklich über die schöne Beziehung zu meinem Sohn. An anderen Tagen ist das nicht so einfach. Ich sehe in den sozialen Medien, dass alle in den Ferien sind oder grosszügig Geld ausgeben – und denke dann: Zu was habe ich es gebracht?

Aufgezeichnet von Katrin Reichmuth 

Hier finden Sie die bisherigen Folgen der Rubrik «Die Abrechnung». 

Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.
Teilen
Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?
Liebe Leserin, Lieber Leser
Der Kommentarbereich von Blick+-Artikeln ist unseren Nutzern mit Abo vorbehalten. Melde dich bitte an, falls du ein Abo hast. Noch kein Blick+-Abo? Finde unsere Angebote hier:
Hast du bereits ein Abo?
Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.