Darum gehts
- Junge Männer kaufen vermehrt teure Nischenparfums und suchen Beratung in Parfümerien
- Nischenparfums kosten oft 200-300 Franken
- Unisex-Düfte sind im Trend, das spiegelt sich teilweise auch bei der Kleidung wider
Überall stehen schön arrangierte Parfumfläschchen, Kunden werden von elegant gekleideten Verkäuferinnen und Verkäufern beraten. Mittendrin: Florian Zürrer (18) und Lorenzo Valentini (19). Die jungen Männer wollen sich in der Parfumerie Spitzenhaus in der Nähe des Zürcher Paradeplatzes einen neuen Duft kaufen.
«Mein Lieblingsparfum ist zurzeit Amalaya von Parfums D'Elmar. Das riecht nach frischer Wäsche und ist perfekt für den Sommer», sagt Valentini zu Blick. Kostenpunkt: 275 Franken. Zu Hause hat er 20 Parfums. Ein Luxus, den er sich gerne gönnt: «Ein Luxusparfum für 200 bis 300 Franken kann ich mir leisten, bei einer Uhr oder einem Auto wird es schwieriger.»
Auch Zürrer hat mittlerweile acht Parfums zu Hause stehen – und will seine Sammlung noch ausbauen. «Mein erstes Parfum hat mir mein Vater vor vier Jahren gekauft: Sauvage von Dior.» Das war auch Valentinis erster Duft.
Gen Z sucht Beratung
Beim Besuch von Blick im Spitzenhaus ist die Klientel sehr durchmischt. Immer wieder kommen junge Männer in den Laden. Die Parfümerie auf den stationären Handel ausgelegt, einen Onlineshop gibt es nicht. «Wir fokussieren uns eher auf das klassische Beratungsmodell», sagt Christof Hoerler (46), stellvertretender Geschäftsführer des Spitzenhauses. «Die Informationen auf Social Media sind oft polarisierende Meinungen einzelner Influencer. Deshalb braucht es Kuratoren wie uns».
Junge Männer der Generation Z und Alpha nehmen sich vermehrt Zeit für eine Beratung in der Parfümerie, was Hoerler sehr freut. Andere wollen mehrere Düfte durchschnuppern – bei vollem Betrieb geht das im Spitzenhaus aber schlecht. «Gerade an Samstagen ist es für uns eine Herausforderung. Wir haben viele Stammkunden, die von weither anreisen – wir möchten ihnen die gewohnte Beratungsqualität bieten.»
Beim Sortiment verzichtet die Parfümerie deshalb auf gewisse Düfte: «Wir führen nur wenige der Marken, die laut auf Social Media auftreten», so Hoerler. Marken, die gerade auf Tiktok viral gehen, sucht man im Spitzenhaus vergebens. Dafür findet man dort den einen oder anderen Geheimtipp – oft lange bevor Influencer das Parfum für sich entdecken.
Nischendüfte statt Markenparfums
Bei der Parfümerie Douglas zählen Marken wie Xerjoff, Maison Francis Kurkdjian und Parfums de Marly zu den Topsellern unter den Jungen. Auch dort stellt man eine steigende Nachfrage fest – besonders nach hochwertigen Nischendüften. Diese lassen sich die Jungen einiges kosten: 50 Milliliter des Parfums Vibe von Xerjoff kosten 199 Franken. Baccarat Rouge – der berühmteste Duft der Marke Maison Francis Kurkdjian – gibt es für 155 Franken bei einer Grösse von 35 Milliliter.
Die Import Parfumerie bemerkt die Euphorie der jüngeren Zielgruppe ebenfalls: Die Nachfrage sei konstant hoch. Vor allem Düfte von Jean Paul Gaultier, Gisada und Tom Ford seien gefragt. «Le Male» von Jean Paul Gautier ist mit 89 Franken für 75 Milliliter einiges günstiger als die sogenannten Nischenparfums. Auch Denner und die Drogerie Rossmann bemerken eine steigende Nachfrage nach hochpreisigen Markenparfums.
Doch kann man bei einer derart hohen Nachfrage überhaupt noch von Nischenparfums sprechen? Thomas De Monaco (64), Gründer der gleichnamigen Duftmarke, nennt das Phänomen mittlerweile eine Pop-Nische: «Nischendüfte haben sich extrem verbreitert – das Wort Nische stimmt eigentlich gar nicht mehr.» Mit seiner Marke spricht er Menschen an, die sich etwas Künstlerisches und Eigenständiges wünschen – meist ab einem Alter von 25 Jahren. «Die preisliche Schmerzgrenze bei Jüngeren liegt oft bei rund 240 Franken – da sind wir mit unseren Extraits noch etwas darüber», sagt Thomas De Monaco.
Trotzdem freut er sich über die steigende Nachfrage – auch von jungen Duftbegeisterten: «Diese Pop-Nische tut der Branche gut. Sie bringt Bewegung und macht Düfte für mehr Menschen zugänglich.»
Gleichzeitig beobachtet er, dass die Klassiker früherer Jahrzehnte – wie Parfüms von Chanel oder Dior – bei der jungen Generation kaum gefragt sind: «Die grossen Marken investieren selten in echte Kreativität – sie bleiben lieber beim Altbewährten», so De Monaco. Doch damit lässt sich die neue Zielgruppe nicht begeistern. Auch Valentini und Zürrer sind vermehrt von Nischendüften fasziniert.
Unisex-Düfte sind im Trend
Das Lieblingsparfum von Zürrer ist Althair von Parfum de Marly. «Es duftet nach Vanille und ist sehr stark, deshalb trage ich es eher im Winter.» Immer öfter verwenden Männer blumige Parfums oder Frauen holzige Noten: «Unisex-Düfte sind im Trend. Das spiegelt sich auch bei der Kleidung der jüngeren Generationen wider», sagt Christine Schäfer (36), Trendforscherin am Gottlieb Duttweiler Institut.
Die Expertin sieht einen klaren Trend bei der Nachfrage nach Parfums durch unter 30-Jährige: «Mittlerweile hat man nicht mehr einen einzelnen Signature-Duft. Stattdessen hat man eine Fragrance-Wardrobe mit mehreren Parfums – je nach Anlass, Look oder Stimmung.» Das zeigt sich auch bei Valentini: «Wenn ich in den Ausgang gehe, trage ich lieber etwas Stärkeres, um wahrgenommen zu werden.»
Viele der trendigen Nischendüfte sind onlinegetrieben. «Parfum sollte eigentlich nicht über Social Media funktionieren – aber irgendwie klappt es doch», so Schäfer. Auch wenn man das Parfum auf Instagram und Co. nicht riecht, scheint es bereits zu reichen, wenn ein Influencer vor Kamera davon schwärmt.
Valentini hat auch schon einen «Blind Buy» gemacht – also das Parfum gekauft, ohne es vorher zu riechen. Für Zürrer ist klar: «Ich würde nie einen Duft kaufen, den ich noch nie gerochen haben. Es gibt auch Parfums, die mir gar nicht schmecken.»