Am Montag luden die SBB zur grossen Pünktlichkeitspressekonferenz. CEO Andreas Meyer (58) höchstselbst war anwesend – und gestand Fehler ein: «Wir haben keinen guten Job gemacht bei der Lokführerplanung.» Die SBB hätten den Bedarf falsch eingeschätzt.
Weitere Gründe für Verspätungen seien mehr Grossanlässe, Baustellen und gestiegenes Passagieraufkommen. Nun wollen die SBB mehr Reserven bei Personal, Rollmaterial und im Fahrplan schaffen. Meyer warnte aber vor zu hohen Erwartungen: «Wir werden keine schnelle Besserung haben.»
Die SBB beschäftigen sich nicht allein mit dem Problem, auch der Bund plant Massnahmen. «Das Bundesamt für Verkehr gibt dem Thema Pünktlichkeit mehr Gewicht», so BAV-Sprecher Michael Müller auf Anfrage von SonntagsBlick.
Vorlage zur Reform des regionalen Personenverkehrs
Das BAV, zuständig für die Weiterentwicklung des öffentlichen Verkehrs in der Schweiz, hat eine Vorlage zur Reform des regionalen Personenverkehrs (RPV) ausgearbeitet, bei der es vor allem um eine Vereinfachung des Bestellprozesses geht.
Der RPV wird durch Bund und Kantone «bestellt» und abgegolten, da sich die regionalen Bahn- und Buslinien durch Billettverkäufe nur etwa zur Hälfte refinanzieren lassen. Allein 2018 erhielten die SBB deshalb 542 Millionen Franken für den Betrieb regionaler Bahnlinien aus Steuermitteln.
Bund und Kantone erhoffen sich von der Reform eine bessere Kontrolle von Qualität und Effizienz der bestellten Leistungen.
Zürcher S-Bahn-Verkehr kennt schon Bonus-Malus-System
Dazu noch einmal BAV-Sprecher Müller: «Die Messung der Pünktlichkeit soll ins Qualitätsmesssystem des regionalen Personenverkehrs integriert werden. Im Rahmen der RPV-Reform soll zudem ein Bonus-Malus-System ermöglicht werden.»
Konkret: Übertrifft ein Transportunternehmen die vereinbarten Zielsetzungen, zahlen die «Besteller» – also Bund und Kantone – einen Bonus. Wird der Zielwert unterschritten, muss das Transportunternehmen den Bestellern einen Malus zahlen. «Das soll die Qualität im Schweizer ÖV verbessern», so Müller.
Im Zürcher S-Bahn-Verkehr gibt es bereits seit mehreren Jahren ein solches Bonus-Malus-System. Der Zürcher Verkehrsverbund (ZVV) dazu auf seiner Homepage: «Dank des Bonus-Malus-Systems konnten in der Vergangenheit spürbare Verbesserungen der Qualität erreicht werden. Konkret sind die S-Bahnen pünktlicher unterwegs und die Sauberkeit verbesserte sich deutlich.»
SBB stehen Einführung positiv gegenüber
In den vergangenen fünf Jahren haben die SBB die festgelegten Zielwerte im Zürcher S-Bahn-Verkehr stets übertroffen. Insgesamt erhielten sie dafür Bonuszahlungen in Höhe von 10,2 Millionen Franken.
Stand heute: Die SBB vereinbaren nur mit dem ZVV jährliche Bonus-Malus-Pünktlichkeitsziele. Vor kurzem gab es auch im Raum Basel ein solches Projekt. Nach einer zweijährigen Versuchsphase wurde es aber 2015 abgebrochen.
Die SBB stehen einer flächendeckenden Einführung von Bonus-Malus-Vereinbarungen positiv gegenüber. In ihrer Stellungnahme zur RPV-Reform vom 20. Juni 2019 heisst es dazu: «Anreize zu Effizienz- und Qualitätsverbesserungen sollen nach nationalen Standards geschaffen werden.»
Um unternehmerische Anreize zu schaffen, seien Bonus-Malus-Systeme mit entsprechenden finanziellen Konsequenzen anzuwenden.
Unterzeichnet ist der Brief von CEO Andreas Meyer höchstpersönlich.