Böse Reaktionen auf Billig-Wodka
Will Putin so das Volk ruhigstellen?

Moskau hat gestern den Minimal-Preis für Wodka gesenkt, um den Absatz anzukurbeln. Viele Russen vermuten dahinter allerdings einen perfiden Plan Putins – und machen sich darüber im Netz lustig.
Publiziert: 02.02.2015 um 22:19 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 20:55 Uhr
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Perfider Plan Putins? Der Wodka-Preis wurde gesenkt.
Foto: Keystone
Von Vinzenz Greiner

Vierzehneinhalb Flaschen. So viel legal gebrannten Wodka trank ein Russe im vergangenen Jahr, schätzt das «Zentrum zur Erforschung des föderalen und regionalen Alkoholmarktes«. Nicht gerade eine Top-Menge. Die Wodka-Herstellung ist im vergangenen Jahr um 22,3 Prozent eingebrochen. Die Krise ist bis in die russischen Schnapsbrennereien vorgedrungen.

Wladimir Putin macht für die Probleme der Wodkahersteller das Schwarz-Brennen verantwortlich. Eine Erhöhung von Alkoholpreisen führe nur dazu, dass Ersatz getrunken würden, sagte der russische Präsident der Agentur Interfax.

Daher hat er zum Sonntag die Erhöhung des Minimalpreises für Wodka vom vergangenen Sommer aufgehoben. Statt 220 Rubel kostet ein halber Liter Wodka nur noch mindestens 185 Rubel (etwa 2,50 Franken). Damit ist das klare Nationalgetränk erstmals seit 2009 billiger geworden.

Einige Russen vermuten dahinter eine perfiden Plan.

Bei einem Glas Wodka denkt niemand mehr an Protest

Boris Nemtsow, ehemaliger Vize-Ministerpräsident unter Gorbatschow, schreibt auf Facebook, dass dies wohl Putins gesamtes Krisenprogramm sei. Wie viele Leute durch zusätzlichen Schnaps stürben, sei dem Präsidenten wohl egal. Mit ihm sei sozusagen «Russophobie auf dem Marsch».

«Murzilki», eine Band aus Radiomoderatoren, hat gar ein Lied auf den verbilligten Wodka komponiert. Wenn der Preis der heimatlichen Flasche falle, würden alle Prognosen und Probleme vergessen. «Ein Glas Feuerwasser statt Salat und dann denkt niemand mehr an Liebe, Essen und Protest», singt das Team von «Avtoradio».

Auch Blogger Ilja Milschtejn wittert einen Versuch, das Volk ruhig zu stellen und Kritik zu verhindern. «Ein nüchterner oder zumindest nicht ganz betrunken Bürger schaut tendenziell kritisch aufs Leben und stellt Fragen», schreibt Milschtejn. Weiter schreibt er ironisch: «Wodka und Fernseher – was braucht ein Mensch noch, um würdevoll dem nächsten Tag zu begegnen?»

Putin will keinen Zusammenbruch wie in der Sowjetunion

Zahlreiche Twitterer jagen diesen Satz durchs Netz. Andere machen sich mit Bildern über die Preissenkung lustig.

«Die neue Nationalidee von Putin: Wodka – der neue Antreiber für die wirtschaftliche Entwicklung, anstelle von Erdöl», schreibt einer. Auf dem Bild hebt Putin sein Glas. «Auf die Vollidioten – ohne euch gäbe es mich nicht», steht dort.

Ein anderer erklärt, das Nationalprojekt «erschwingliche Wohnungen» sei nun ersetzt worden durch eines für «erschwinglichen Wodka».

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Ein Twitterer hat sich einen besonders kreativen Scherz einfallen lassen. Er hat ein Plakat der Anti-Akohol-Kampagne, die die Sowjetunion Ende der 80er lancierte, umgestaltet. Eigentlich weist darauf ein Russe ein Gläschen mit einem entschiedenen «Net» zurück. Jetzt sagt er: «Nein danke, ich trinke direkt aus der Flasche.»

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Blogger Milschtejn hält diese Kampagne gegen Alkoholmissbrauch für einen Hauptgrund, weshalb die Sowjetunion zusammenbrach. Der hart arbeitende Sowjet habe eben erst nüchtern die Wirklichkeit erkannt. Und so etwas könne Putin ja nicht wollen: «Billiger Wodka ist notwendig, um die Realität anzupassen.» Na dann: Prost!

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