Flughafen Zürich, Schalter Check-In 3, 7:30 Uhr: Koffer auf die Waage, Barcode-Etikett drauf und schon geht die Reise los. Eine scharfe Kurve, dann noch eine und der Koffer verschwindet aus den Augen. Aus dem Sinn ist er damit aber nicht! Kommt er rechtzeitig in den richtigen Container, parat für die richtige Maschine?
Ralph Hoppenheit (50) beruhigt: «99,4 Prozent aller Koffer fliegen in der Maschine des dazugehörigen Passagiers», sagt der Leiter der Gepäcksortieranlage. Das heisst: Gerade mal 5,7 von 1000 Koffern geht nicht mit auf die Reise. «Das ist das beste Resultat in ganz Europa», sagt Hoppenheit.
Ein erstaunliches Ergebnis bei fast 11 Millionen Passagier-Gepäckstücken, die am Flughafen jährlich verladen werden. In dieser Woche sind es bis zu 50'000 Koffer und Taschen, die täglich über die 23 Kilometer Förderbänder und Rutschen rasseln. Oder in blauen Wägeli der Anlage mit Spitzengeschwindigkeiten von bis zu 36 Stundenkilometern umhersausen.
Fläche von neun Fussballfeldern – unter der Erde!
Die Gepäcksortieranlage befindet sich auf 66'000 Quadratmetern in den Katakomben des Flughafens. Deren Fläche entspricht neun Fussballfeldern – der Grossteil davon ist unter der Erde! Gefühlte 30 Grad heiss ist es hier unten, kaum versteht man das eigene Wort. «Bis zu zehn Mal wird ein Koffer auf ein anderes Band gekippt oder umplatziert bis er sortiert ist», erklärt Hoppenheit. Kein Wunder, sehen die Koffer schnell mal abgenutzt aus.
Scanner und Sensoren geben immer wieder Meldung an den Leitstand, wo sich ein Gepäckstück befindet oder wo es Probleme gibt. Laut Hoppenheit kommt es im Hochbetrieb während der Sommerferien bis zu 1000 Störmeldungen pro Tag.
«Koffer bleiben hängen oder verklemmen sich gegenseitig», sagt Hoppenheit. Das liege nicht an Halstüchern, die Fluggäste zur Wiedererkennung an die Koffer knoten, sondern allgemein an der Art des Gepäcks, welches vielfach Rollen hat und dann aneinander geschoben wird und sich verkeilt oder auch mal an einem Bändel hängen bleibt, erklärt Hoppenheit.
Vom Check-in 3 durchquert der Koffer in maximal 17,5 Minuten das achterbahnartige Förder-Labyrinth bis er am entfernten Aussen-Dock E ankommt. Dort packt ihn einer von 400 Handling-Agents – das sind kräftige Angestellte am Ende der Sortierung – in den Container der dazugehörigen Airline. «Jeder dieser Personen wuchtet 16 bis 20 Tonnen Gepäck pro Tag», sagt Hoppenheit.
Die Sortieranlage hält 80 Mitarbeitende für Betrieb und Instandhaltung auf Trab. Auch Sicherheitsbeamte arbeiten dort. Muss ein Koffer wegen unerlaubter Gegenstände geöffnet werden, filmt eine Kamera den Vorgang. Das Video wird aufbewahrt, falls Beschwerden von den Besitzern kommen.
Auch Tiere reisen über Gepäckbänder
Durch Röntgenapperate fahren nicht nur Koffer, sondern auch die Tiere in ihren Containern. Die Ferien im Sommer sind Hauptreisezeit für Hunde und Katzen. Auch Tauben und Ziervögel, Mäuse und Schlangen werden verschickt. Um die Tiere kümmert sich Katherine Kreutzer (43) im sogenannten Tierraum in der Frachtzone des Flughafens. «Für die Tiere bedeutet jede Reise Stress», sagt die diplomierte Tierpflegerin.
Während ihres mehrstündigen Aufenthaltes am Flughafen tue man das Beste für die Tiere. Davon konnte sich auch BLICK überzeugen. Der Goldendoodle Mickey (Golden-Retriever-Pudel-Mischung) und die Maltipoo-Dame Minnie (Malteser/Pudel) – sie reisen von Zürich aus nach Chicago (USA) – machten einen munteren Eindruck. 4657 Tiersendungen, darunter 35 von Zoos, werden am Flughafen Zürich jährlich abgewickelt. «In den letzten fünf Jahren hat die Zahl der Tiersendungen deutlich zugelegt», weiss Kreutzer.
Die meisten Tierbesitzer überlassen die Transportabwicklung professionellen internationalen Firmen wie der ACE Pet Moving. Die Durchführung des Transports von Minnie und Mickey dürfte ihre Besitzer ein paar tausend Franken kosten.
Die Tiere gehen zusammen mit den Koffercontainern in den jeweiligen Flieger. Und was nehmen die Passagiere mit auf die Flugreise? Chef-Gepäcksortierer Hoppenheit muss immer wieder staunen, was herumgeschleppt wird: «Von der Motorsäge, über Pistolen bis hin zum Bügeleisen ist alles dabei.» Am meisten verreisen Schweizer aber mit Schoggi, «haufenweise Schoggi», lacht Hoppenheit.
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