Billig einkaufen geht auch beim Türken
Klein Istanbul statt Konstanz

Billig einkaufen geht auch beim Türken: Quartierlädeli in Familienregie bieten oft tiefe Preise für Fleisch, Obst und Gemüse. Nun macht ihnen der Zollschutz das Leben schwer.
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Merdan-Geschäftsführer Erkan Erhalac (32) «Unser Vorteil ist, dass wir viel kleiner sind als die grossen Läden, und deshalb tiefere Kosten haben.»
Foto: Stefan Bohrer und Peter Gerber
Von Martina Wacker

Zehn Minuten Fahrt trennen den Laden von Hasan Masyan (42) und dessen Konkurrenz in Deutschland. Trotz der Frankenstärke wird sein Geschäft an der Greisacherstrasse in Basel noch immer rege frequentiert. Der Grund: Die Preise sind tief, der Alima-Geschäftsführer verzichtet auf einen Grossteil der Marge. So verdient er etwa an einem Kilo Tomaten gerade mal 35 Rappen.

Für Masyan ist das die einzige Überlebensstrategie gegen den Einkaufstourismus: «Wenn ich die Preise nicht tief halte, gehen meine Kunden im Ausland einkaufen.»

Erkan Erhalac (32) wird vom Einkaufstourismus nicht ganz so stark bedroht. Dennoch hält er die Preise seines Quartierladens Merdan an der Bethlehemstrasse in Bern-West tief. Ein Kilo Tomaten kostet bei ihm Fr. 2.80. Zum Vergleich: Beim Grossverteiler muss man für ein Kilo Tomaten über einen Franken mehr ausgeben. Obwohl wie bei Merdan auch dort die Tomaten teilweise aus dem Ausland importiert sind.

«Wir haben den Vorteil, dass wir viel kleiner sind als die grossen Läden, weniger Auflagen erfüllen müssen und deshalb tiefere Kosten haben», sagt Erhalac. Zudem packen neben seinen sieben Angestellten auch er und seine Familie täglich mit an.

Ebenfalls an der Bethlehemstrasse liegt der Berner Alima-Laden. Hier hat besonders Metzger Ali Zülküflü (44) alle Hände voll zu tun. Denn seine Ware ist günstig.

Ein Kilo Entrecôte etwa kostet Fr. 29.90, ein Kilo Rindssaftplätzli ist schon für Fr. 15.90 zu haben. «Reines Schweizer Fleisch», versichert Zülküflü. Auch das Lamm stamme aus der Schweiz, sagt er. Geflügel hingegen importiert er aus Holland oder Brasilien.

Trotz der Migros-Filiale gleich gegenüber verkauft Zülküflü sein Fleisch längst nicht nur an Ausländer. «Auch Berner aus dem Quartier kaufen bei uns ein», sagt der Türke. Die Leute schätzten eben das gute Preis-Leistungs-Verhältnis.

Obwohl sie sich bisher gegen den starken Franken und die Konkurrenzgrenznaher Orte wie Konstanz gut behaupten konnten, erwarten die Quartierläden den Sommer voller Sorgen – zumindest was den Verkauf von Obst und Gemüse betrifft.

Denn demnächst kommt die Importschranke für eine Vielzahl von Produkten. Mit ihr soll die inländische Produktion vor günstigen Importen geschützt werden. Für die Lädeli bedeutet die Regelung, dass sie ihre Ware teuer in der Schweiz beziehen müssen.

«Masochistisch»

Nach Auffassung von Preisüberwacher Stefan Meierhans (47) ist das eine unhaltbare Situation. Im Hinblick auf den boomenden Einkaufstourismus sei es «fast schon masochistisch», den Zollschutz aufrechtzuerhalten.

Wegen des starken Frankens reisten immer mehr Konsumenten ins nahe Ausland, um dort günstiger einzukaufen. Meierhans: «Schweizer Detailhändler müssen hingegen auf die teureren inländischen Produkte zurückgreifen und können so mit dem Ausland nicht konkurrenzieren.» Als Folge dürften bald auch die Läden Kunden verlieren und unter Absatzschwund leiden.

Je nach Ausmass müssten sie das Geschäft sogar dichtmachen, befürchtet der Preisüberwacher.Meierhans fordert deshalb die Aufhebung des Zollschutzes. «Wir brauchen Agrarfreihandel – jetzt erst recht.»

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