Marc Besch (35) stiess auf VWs schmutziges Geheimnis
Dieser Schweizer deckte den Diesel-Skandal auf

Dass der Diesel-Skandal aufflog, ist drei Studenten einer amerikanischen Universität zu verdanken. Federführend war dabei der 35-jährige Marc Besch aus Biel. Er ahnte nicht, dass er einen Betrug entdecken würde.
Publiziert: 16.10.2017 um 23:37 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2018 um 00:49 Uhr
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Der Bieler Marc Besch und zwei Studienkollegen testeten den Abgas-Ausstoss von VW auf der Strasse – und deckten so den Diesel-Skandal auf.
Foto: West Virginia University
Vinzenz Greiner, Bastian Heiniger

Hätte Marc Besch (35) sich seinen Bubentraum erfüllt oder hätten seine Eltern ihren Willen durchgesetzt, dann wäre der Volkswagen-Konzern wohl 25 Milliarden Euro reicher. Denn der Bieler deckte den Diesel-Skandal auf. Und zwar ganz aus Versehen, wie das Magazin «Der Spiegel» in seiner aktuellen Ausgabe berichtet.

Besch und zwei damalige Studienkollegen an der amerikanischen Universität von West Virginia wollten lediglich herausfinden, wie es VW gelang, einen derart ökologischen Diesel zu bauen, wie es in der US-Werbung versprochen wurde. Zum Pech für VW. Das Institut für Emissionsforschung von Professor Dan Carder hatte nämlich viel Erfahrung mit Abgastests von Diesel-Motoren. Und etwas, von dem VW nichts ahnte: Selbstgebaute mobile Geräte, um Abgase unter realen Fahrbedingungen zu messen.

Er dachte zuerst, er hätte bei den Messungen etwas falsch gemacht

Normalerweise wird ein Auto für einen Abgas-Test in einer Garage auf Rollen gestellt, die Fahrt nur simuliert. Solche Tests konnte VW mithilfe einer Software austricksen. Nicht aber jene, die Besch und seine beiden indischen Forscherkollegen auf der Strasse durchführten. Die Ergebnisse versetzen sie ins Staunen: Der getestete VW Passat pustete 20-mal mehr Schadstoffe in die Luft als erlaubt. Der Ausstoss des VW Jettas war sogar 35-mal so hoch!

Abgas-Ausstoss im Strassentest.
Foto: Jennifer Shephard

«Ich habe zuerst gedacht: Habe ich etwas falsch gemacht, stimmt alles mit den Messinstrumenten?», erinnert sich Besch, damals noch Doktorand an der Uni. Doch es lag nicht an den Messungen, US-Behörden nahmen die Ergebnisse von Besch und forschten nach: VW manipuliert systematisch die Software im Wagen.

Beschs Chef Carder landete wegen der Entdeckung auf der «Time»-Liste der 100 einflussreichsten Menschen. Der Diesel-Skandal kostete VW bisher 25 Milliarden Euro und die fünf grossen deutschen Autohersteller, auf die sich der Abgas-Bschiss ausweitete, Vertrauen und Reputation (siehe Box). «Aber wir hatten es nicht auf eine Enthüllung angelegt», sagt Besch. «Schlussendlich war es eine kleine Forschungsarbeit, die sich zu einer grossen Sache entwickelt hat.» Eine sehr grosse. BLICK erreicht den Bieler am Telefon, als er auf dem Weg zu einer Konferenz in Berlin ist. Dort geht es darum, wie man genau messen kann, welche und wie viele Schadstoffe Autos nicht im Labor, sondern auf dem Asphalt in die Welt blasen. Er ist ein gefragter Mann.

Besch entdeckt die Liebe zu Motoren in Vaters Opel-Garage

Sein Leben sei tatsächlich stressiger geworden, sagt Besch. «Nach den ersten Veröffentlichungen über den Diesel-Skandal war es vorbei mit dem Leben eines Studenten und normalen Ingenieurs.» Das merkt auch seine Mutter Beatrice. «Häufig erreiche ich Marc nur, wenn er arbeitet. Ich denke manchmal, dass er schon im Büro schläft», sagt sie am Telefon und lacht.

Viel gefragt: Marc Besch auf dem Weg zu einer Konferenz in Berlin.
Foto: Zvg

Wäre es nach ihr und ihrem Mann Herbert gegangen, dann könnte sie ihren Sohn täglich in Biel sehen. Denn dort führte Marcs Vater gemeinsam mit zwei Brüdern eine Opel-Garage. Der kleine Marc entdeckt dort die Liebe zu Motoren und das Interesse für Technik. Er soll die Garage übernehmen.

Doch erst einmal zieht es ihn in die Luft: Er will sich seinen Traum erfüllen und Militärpilot werden. Der platzt, als von Miliz- auf Berufsfliegerei umgestellt wird. Besch macht danach eine Ausbildung in einer anderen Garage. Danach ist klar: Er will nicht die elterliche Opel-Garage übernehmen, sondern grübeln und forschen. «Knall auf Fall», wie seine Mutter sagt, geht Marc Besch nach dem Ingenieursstudium in Biel an die US-Ostküste, nach West Virginia.

Besch sitzt schon am nächsten Test

Dort hat er in zehn Jahren ein englisches «R» angenommen, aber sein Schweizer Wissen nicht abgelegt. An einer US-Uni stehe man im Mittelpunkt, wenn man schweissen könne, sagt Besch. Auch am gestrigen Montag stand er im Mittelpunkt. Er hatte Geburtstag. Was er sich denn wünsche? «Technologischen Fortschritt in der Auto-Industrie», sagt Besch. «Und einen Geburtstagskuchen.»

Besch ist jetzt Assistenz-Professor. Und er sitzt schon an einem nächsten Forschungsprojekt zu LKW-Abgasen. Kommt da die nächste Enthüllung? Beschs Lächeln hört man sogar durchs Telefon. «Wir haben noch nicht mit den Tests begonnen.»

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