Beraterfirma behauptet
30 Prozent zu viel Personal in Schweizer Spitälern

Die Beratungsfirma Ronald Berger provoziert die Schweizer Spitäler. Diese könnten bis zu 30 Prozent Personal einsparen - ohne Qualitätsverlust. Die Spitäler widersprechen heftig.
Publiziert: 12.09.2013 um 22:30 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 20:25 Uhr

Berater von Ronald Berger rechnen in einer Studie zum Gesundheitswesen den Schweizer vor, dass sie zwischen 20 bis 30 Prozent des Personals einsparen könnten. Und: Die Kranken würden nichts davon merken! Die Spitäler könnten die gleiche Leistung bei gleicher Qualität erbringen, sagt «Roland Berger»-Gesundheitsexperte Andreas Vogt der HandelsZeitung (HZ).

«Die Spitäler müssen sich überlegen, wie sie ihre Mitarbeiter effizienter einsetzen. Aufgrund unserer Erfahrungen in Schweizer Spitälern können diese nach organisatorischen und prozessualen Optimierungen mit 20 bis 30 Prozent weniger Personal die gleiche Leistung bei gleicher Qualität erbringen», rechnet der «Roland Berger»-Experte vor.

Das lassen die Spitäler nicht auf sich sitzen. Spitaldirektor Andreas Gattiker, der Direktor des GZO-Spital Wetzikon, schiesst scharf zurück. «30 Prozent Einsparpotenzial halte ich für pures Beratergeschwätz».

Beim Schweizerische Verband des Personals öffentlicher Dienste, VPOD, hat man ebenfalls wenig Verständnis für die Analyse von Roland Berger. «Es ist ein Witz von einem Personalüberschuss zu sprechen», sagt die VPOD-Präsidentin Katharina Prelicz-Huber zu BLICK online. Das Gegenteil sei richtig. «Eine Studie des Bundesamtes für Gesundheit geht für die nächsten Jahre von einem Mangel von mehreren Tausend Personen aus, allein in der Langzeitpflege.»

Das Geld für Investitionen fehlt

Andreas Gattiker räumt zwar ein: «Gewisse Effizienzsteigerungen sind sicher möglich». Aber: Wirkliche Verbesserungen würden laut Gattiker Schliessungen und Zusammenlegungen von Spitälern und grosse Investitionen in Neubauten erfordern. Dafür fehle das Geld.

Überflüssigen Luxus leistet sich die Schweiz ganz anderswo, findet Gattiker und zählt gleich auf: «Wir haben eine eigene Medikamentenzulassungsstelle, wir drucken die Verpackungsverordnungen in drei Sprachen und jeder Kanton hat eine eigene Spitalplanung».

Mehr Personal in Spitälern als in jedem anderen Land

Bei Roland Berger kommt man zu anderen Schlüssen. Andreas Vogt führt vor allem die folgenden Fakten an. Da sind einmal die Gesamtkosten des Systems: «Das Schweizer Gesundheitswesen ist dreimal so teuer, wie das deutsche», sagt Vogt zur HZ. Nur ein kleiner Teil lasse sich damit erklären, dass in der Schweiz die Löhne und die Kosten für Infrastruktur höher sind. Denn: In der Schweiz leisten sich die Spitäler mehr Personal pro Person als in jedem anderen Land.

Prelicz-Huber kann mit diesen Argumenten wenig anfangen. »Das Personal hat in den letzten Jahren tendenziell mehr Aufgaben übernommen. Es hat mehr geleistet und so die Qualität halten können«. Zudem sei gerade die Krankenpflege nicht nur eine Frage der Effizienz. »Es geht um die Qualität und um das Wohlbefinden der Patienten."

Klar ist auch: Einfach ist das Sparen ohnehin nicht. Ein Personalabbau ist ein schwieriges Unterfangen. Die Spitäler müssen erst in mühseliger Kleinarbeit an ihren Prozessen feilen und ihre Organisationen sorgfältig überarbeiten. Selbst das genüge nicht, wie der Finanzchef des Universitätsspitals Zurich, Hugo Keune, weiss. «Der grosse Sprung gelingt erst mit neuer Infrastruktur».

Das wiederum heisst: Vor dem Sparen, kommt das Investieren. Die Spitäler müssen ihre Gebäude umbauen oder gleich neue Gebäude bauen. Das kostet. Aber erst dann können die Spitäler die Wege verkürzen und die Abläufe verbessern. Damit immer die richtige Person, die richtige Arbeit ausführt. (nav)

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