«Ausverkauf der Heimat»
Einheimische in Andermatt besorgt über zunehmende Luxushotels

In Andermatt entsteht derzeit ein neuer Fünf-Sterne-Komplex. Die traditionellen Familienhotels verschwinden. In den Schweizer Bergen breitet sich der Luxustourismus aus und verändert die Heimat vieler Einheimischen grundlegend.
Publiziert: 22.06.2025 um 19:16 Uhr
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Aktualisiert: 22.06.2025 um 19:18 Uhr
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Das Drei-Sterne-Hotel «3 Könige und Post» in Andermatt wurde abgerissen. An der Stelle entsteht ein Fünf-Sterne-Betrieb samt Luxuswohnungen.
Foto: Screenshot

Darum gehts

  • Luxus-Gäste sind in den Schweizer Bergen auf dem Vormarsch in Schweizer Bergen
  • Einheimische machen sich Sorgen
  • Traditionelle Familienhotels weichen Luxusbetrieben in Bergdestinationen
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Martin SchmidtRedaktor Wirtschaft

Dorfbeizen und Tante-Emma-Läden waren einmal. Gourmetrestaurants, teure Spezialitätengeschäfte und Einkaufsstrassen mit Luxuslädeli zeigen, auf wen man es hier abgesehen hat: In den Schweizer Bergen ist der Luxus-Gast auf dem Vormarsch. Im historischen Ortskern von Andermatt UR kriegt diese Entwicklung derzeit ein neues Gesicht. Das einstige Traditionshotel «3 Könige und Post» wurde abgerissen und weicht einem Mischkomplex aus Fünf-Sterne-Hotel und Apartments für Superreiche, wie die «SonntagsZeitung» berichtet. Apartments für bis zu acht Millionen Franken. Bei den Einheimischen hinterlasse das ein mulmiges Gefühl. «Wir haben einen Ausverkauf der Heimat. Für das Dorf ist das schlecht», sagt eine Andermatterin zur «SonntagsZeitung». 

Der Trend zu immer mehr Luxus ist in Andermatt kein Einzelfall: So kam es auch beim dritten Hotelkomplex, den der ägyptische Investor Samih Sawiris (68) in Andermatt plant, zu einer Planänderung. Statt vier Sterne wird der neue Betrieb mit 164 Apartments und 66 Hotelzimmern neu über fünf Sterne verfügen, wie Blick im Dezember berichtet hat. Dabei hätten sich viele Einheimische ein bodenständiges Drei-Sterne-Haus für die breite Masse gewünscht. Denn je ein Vier- und Fünf-Sterne-Hotel hat Sawiris in Andermatt bereits gebaut.

Zahl der Vier- und Fünf-Sterne-Betriebe nimmt zu

Eine Entwicklung, die weit über Andermatt hinausgeht. Während traditionelle Familienhotels auf dem Rückzug sind, breiten sich die Luxusbetriebe immer weiter aus. Das zeigt auch ein Blick nach Crans-Montana VS, St. Moritz GR und Gstaad BE. Die Zahl der Vier- und Fünf-Sterne-Hotels in den Alpen stieg von 2010 bis 2023 von 253 auf 304, wie die «NZZ am Sonntag» im Februar schrieb. Bei den niedriger bewerteten Kategorien nahm die Zahl der Betriebe in diesem Zeitraum von 2900 auf 2350 ab. 

Die Luxusbetriebe haben es auf die Gutbetuchten aus aller Welt abgesehen, die bei der Hotelwahl nicht allzu sehr auf den Preis schauen. Diese bringen eine hohe Wertschöpfung. Aber auch eine gefährliche Abhängigkeit, falls diese Gäste eines Tages ausbleiben sollten. Denn viele Schweizer Gäste bevorzugen Drei- und Vier-Sterne-Betriebe.

Steigende Mieten, teure Eigenheime

Für die Immobilienentwickler ist das Luxusgeschäft lukrativ. Die Margen sind hoch. Durch das Upgrade seines dritten Hotels zum Fünf-Sterne-Tempel kann Sawiris die dazugehörigen Apartments deutlich teurer verkaufen. 

Die touristische Entwicklung bringt Arbeit und Wohlstand in die Berge. Wächst das Luxussegment jedoch zu stark an, fühlen sich immer mehr Einheimische in der eigenen Wohngemeinde plötzlich eigenartig fremd. Oder sie können sich schlicht die steigenden Mieten oder kein Eigenheim mehr leisten, klagen Einheimische in den Destinationen. Doch viele der Wohnungen wurden von anderen Einheimischen während der seit Jahren anhaltenden Preisspirale für gutes Geld an Auswärtige verkauft. Damals, als der Ausverkauf der Heimat ihren Lauf nahm.

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