Darum gehts
- Aktienmärkte verzeichnen Zuwächse trotz Herausforderungen im ersten Halbjahr
- Zollstreit, geopolitische Risiken und mögliche Zinssenkungen beeinflussen Märkte
- Swiss Market Index stieg um 3%, Swiss Performance Index um 7%
Deepseek, das KI-Start-up aus China, der Zollstreit, der Krieg im Nahen Osten: Das erste Halbjahr war ruppig. Dennoch reichte es für mehr oder weniger grosse Zuwächse der Aktienmärkte. Der Swiss Market Index (SMI) stieg 3 Prozent, der Swiss Performance Index (SPI) legte 7 Prozent zu. In den USA verbesserte sich der S&P 500 um über 5 Prozent, und der Nasdaq 100 verzeichnete ein siebenprozentiges Plus - ein Zeichen dafür, dass Anleger wieder in Stimmung gekommen sind.
Unterdessen sind weitere Klippen absehbar. In wenigen Tagen läuft die von US-Präsident Donald Trump gesetzte Frist für Abkommen mit wichtigen Handelspartners ab. Länder ohne Abkommen müssen mit deutlich erhöhten Zollsätzen rechnen, die Exporte in die USA verteuern und folglich hemmen.
Auch die Schweiz ist bislang nicht aus dem Schneider. Für sie sind die Vereinigten Staaten – nach der EU – der zweitwichtigste Exportmarkt. Entsprechend hoch ist das Interesse an möglichst niedrigen Handelsschranken. Offen ist, ob Trump seine ursprünglich gesetzte Frist nicht doch über den 9. Juli hinaus verlängert. Für Spannung und damit Ungewissheit ist bis auf Weiteres jedenfalls gesorgt.
Dieser Artikel wurde erstmals auf «Cash.ch» publiziert. Weitere spannende Artikel findest du auf www.cash.ch.
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Zugleich bleibt die Lage in der Ukraine und im Nahen Osten unruhig. Zwischen Israel und dem Iran kam es zuletzt zwar zu einer gewissen Entspannung. Beobachter erachten die geopolitischen Risiken aber weiterhin als strukturell erhöht.
Rückenwind könnte in der zweiten Jahreshälfte weitere Zinssenkungen bringen. Unter Händlern gilt es laut der «CME FedWatch» als wahrscheinlich, dass die amerikanische Notenbank Fed den geldpolitischen Schlüsselsatz im September um einen Viertelprozentpunkt senkt und im Oktober eine weitere geldpolitische Lockerung beschliesst.
Hierzulande hat die Schweizerische Nationalbank (SNB) den Leitzins schon auf 0 Prozent gesenkt. «Anhaltende Deflationstendenzen in Kombination mit einem starken Franken dürften mittelfristig eine Rückkehr zu Negativzinsen erforderlich machen», sagt Adrian Wildhaber, Portfolio Manager der Privatbank Baumann & Cie. Auch die UBS geht davon aus, dass die SNB «nicht um weitere Zinssenkungen herumkommen» dürfte, sollte sich der Euro zum Franken auf 90 Rappen oder weniger abwerten. Die Folgerung: Derart tiefe Zinsen machen Aktien attraktiv.
In Europa erhofft man sich – neben Zinssenkungen – durch Staaten finanzierte Fiskalimpulse. «Der Weg für eine Wachstumsbeschleunigung ist damit geebnet. Davon profitieren dürften vor allem zyklische Aktien, worunter auch ein Grossteil der Small und Mid Caps fällt», schreibt Daniel Hartmann, Chefökonom des Vermögensverwalters Bantleon.
Swiss Life, VAT und Baustoffhersteller empfohlen
Doch auf welche Aktien sollen Anlegerinnen und Anleger im Zweithalbjahr konkret setzen? Von cash.ch zu Titelempfehlungen befragte Anlagespezialisten nennen übereinstimmend Swiss Life. Der SMI-Finanzwert sei in den Bereichen Immobilien und Produkte für institutionelle Vermögen erfolgreich unterwegs, erklärt etwa Thomas Steinemann, Anlagechef der Privatbank Bellerive.
Wie das Unternehmen selbst mitteilte, hat es die bis Ende 2024 gesetzten Ziele erreicht. Es verfolgt mit dem «Swiss Life 2027»-Programm unter anderem neu eine Eigenkapitalrendite von 17 bis 19 Prozent – nach den 10 bis 12 Prozent im letzten Programm. 2024 lag diese Rendite bereits auf hohen 16,6 Prozent.
Gründe, die ausserdem für die Finanz- und speziell Versicherungsaktien sprechen, sind die Zollrisiken, denen sie in vergleichsweise geringem Mass unmittelbar ausgesetzt sind, da Versicherer keine Maschinen oder Konsumgüter exportieren. Zudem bieten Swiss Life, aber auch Swiss Re und Zurich Insurance und Swiss Life Dividenenrenditen von 4 bis 5 Prozent. «In einem Umfeld, das sich zunehmend in Richtung Negativzinsen bewegt, rücken dividendenstarke Titel verstärkt ins Anlegerinteresse», sagt Maurizio Porfiri, Anlagechef bei Maverix Securities. Swiss Life ist zudem die Aktie, welche in den letzten Jahren das stärkste Dividendenwachstum am Schweizer Aktienmarkt hatte (mehr dazu hier).
Unter den Versicherern machen auch Helvetia und Baloise von sich reden. Die Fusion, der die Aktionäre im Mai zugestimmt haben, werde sich aufgrund der Synergien positiv auswirken, sagt Steinemann von Bellerive. Der Zusammenschluss soll im vierten Quartal 2025 vollzogen sein. Mit Blick darauf hat auch die UBS die beiden Unternehmen neu mit «Buy» (zuvor: «Neutral») eingestuft. Die geplante Fusion könnte die Cash-Generierung um rund 20 Prozent steigern, für das Jahr 2029 steht eine vergleichsweise hohe Dividendenrendite von 7 Prozent in Aussicht. Erwartbar ist insofern, dass Anleger über das angebrochene Semester hinaus von Baloise und Helvetia respektive der fusionierten Gesellschaft profitieren können.
Porfiri von Maverix Securities geht davon aus, dass die robuste Nachfrage nach zyklischen Werten auf globaler Ebene auch Schweizer Industrie- und Technologiewerte unterstützen wird. Im Industriesektor bevorzugt er Qualitätswerte wie ABB, Geberit und Schindler. Zudem: «Im Technologiesegment dürfte die VAT Group weiterhin von einer zyklischen Erholung profitieren», so der Maverix-Anlagechef.
Wie geht es den Schweizer Firmen? Was läuft an der Wall Street? Und wie entwickelt sich der Goldpreis? Wir halten dich über die neusten Entwicklungen an den Märkten auf dem Laufenden – hier im Liveticker.
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ABB und VAT sind Werte, die im ersten Halbjahr an Boden verloren haben und sich damit schwächer als der Gesamtmarkt entwickelt haben – wobei die Verluste bis Mitte April eingefahren und seither grösstenteils wieder wettgemacht wurden. Vorausgesetzt, dass die von Porfiri genannte zyklische Erholung Fahrt aufnimmt, dürfte der Aufstieg nun weitergehen.
VAT hat im Mai die Umsatzziele zwar zurückgesteckt, rechnet in den nächsten Jahren aber mit profitablem Wachstum. Das Unternehmen ist weltweit führend bei Vakuumventilen für den Halbleitersektor, und schon im Mai war erkennbar, dass die Chiphersteller die Lager bereinigt hatten und wiederum aufbauen sowie in neue Ausrüstung investieren. «Somit kommt der Zyklus bei den Komponentenherstellern wie VAT an», schrieben Analysten der Basler Kantonalbank. Die Voraussetzungen für eine positive mittel- bis längerfristige Entwicklung sind damit gegeben.
Auch Holcim ein Tipp für das zweite Halbjahr
ABB ist für die meisten Analysten ein Titel, den man auf mittlere Sicht halten kann, aber nicht unbedingt zukaufen muss – sprich: Die «Hold»-Ratings überwiegen. Zum Auftakt des zweiten Halbjahres verdichtete sich der Strom positiver Nachrichten allerdings. Die US-Bank Morgan Stanley erhöhte das Kursziel auf 45 von 41 Franken, und Goldman Sachs (GS) ging auf auf 49 von 48 Franken. Das GS-Preisziel entspricht einem Wert, auf dem die ABB-Valoren zuletzt im März standen. Das war, bevor der Zollstreit eskalierte und die Aktie bis unter die 40-Franken-Marke gerissen wurde.
Hingegen ist eine baldige Rückkehr zu den Höchstständen – bis zu 54 Franken – nach Ansicht der meisten Experten nicht wahrscheinlich. Schub kann man sich von der Abspaltung der Robotiksparte versprechen, die 2026 über die Bühne gehen soll. Die Robotik weist nach Angaben des Managements nur begrenzt Synergien mit den anderen ABB-Sparten auf. Nach der Abspaltung wird das Unternehmen auf Automation und die – zuletzt wachstumsstarke – Elektrifizierung fokussieren.
Für Thomas Steinemann von Bellerive ist Holcim nach der Abtrennung des Nordamerikageschäfts respektive dem Börsengang vom Amrize ein Tipp für das zweite Halbjahr. Seitdem die Aktien von Holcim und Amrize separat an der gehandelt werden, sind die Holcim-Valoren fast 25 Prozent gestiegen und kratzen an der 60-Franken-Marke. «Die Börse bejubelt zu Recht die Abspaltung», sagt der Anlagespezialist.
Auch unter Analysten erhält Holcim gute Noten. Sowohl die Investmentbank Jefferies als auch die Deutsche Bank (DB) haben zum Start in den Juli je ein «Buy»-Rating vergeben und das Kursziel bei 66 Franken angesetzt. Es liegt 10 Prozent über dem aktuellen Stand.
Holcim sei nun verstärkt in Europa, Asien, Nahost, Afrika und Lateinamerika aktiv und nehme im Grossteil dieser Märkte eine Top-3-Position ein, schreibt der zuständige Analyst der DB. Das Unternehmen lege dabei den Fokus auf die Dividende und zähle mit einer prognostizierten Dividendenrendite von rund 3 Prozent zu den attraktivsten Titeln im europäischen Baustoffsektor.
Doch auch Amrize wird positiver eingeschätzt, als es der bisherige Kursverlauf vermuten lässt. Amrize sei das herausragende Unternehmen für Baulösungen in den USA, kommentiert die Deutsche Bank. Das Unternehmen habe eine überragende Position im Zementbereich und sei in 85 Prozent der Zuschlagstoffmärkte, in denen es tätig ist, stark vertreten. Die DB stuft Amrize mit «Buy» ein. Das Kursziel von 49 Franken liegt knapp 25 Prozent über dem aktuellen Preis von 39 Franken, doch auch über dem Eröffnungskurs beim Börsengang, der 46 Franken betrug.
Drei Midcaps mit guten Aussichten
SGS will die Präsenz in Nordamerika stärken und übernimmt dazu das Prüfunternehmen Applied Technical Services. «Diese Akquisition bringt SGS einen grossen Schritt weiter bei der Erreichung seines strategischen Ziels, den Umsatz in Nordamerika bis 2027 zu verdoppeln», schreibt Michael Foeth, Analyst der Bank Vontobel, welche die Valoren mit «Buy» einstuft.
Sie zählen auch den Empfehlungen von Baumann & Cie. SGS werde langfristig Wert für die Aktionäre schaffen, schreibt die Privatbank. Die strukturellen Wachstumstreiber seien breit abgestützt. «Einerseits profitiert das Unternehmen von der zunehmenden Regulierung in Bereichen wie Lebensmittelsicherheit, Umwelt- und Gesundheitsschutz, Technologie und Lieferkettentransparenz. Andererseits sorgen technologische Innovationen und das wachsende Bewusstsein für Nachhaltigkeits-Kriterien für kontinuierlich steigende Nachfrage nach unabhängigen Test-, Inspektions- und Zertifizierungsdienstleistungen.»
Baumann & Cie empfiehlt zwei weitere Titel für das angebrochene Halbjahr sowie langfristig: Den Lagerlogistikspezialisten Kardex und das Technologieunternehmen Inficon. Bei Kardex werde die Nachfrage durch strukturelle Trends wie dem Fachkräftemangel, dem globalen Automatisierungspotenzial und dem Reshoring gestützt. Letzteres bezeichnet die Rückverlagerung von Fertigungsprozessen näher an das Heimatland. Dabei werden oft der Bau neuer Werke und eine Neugestaltung von Prozessen notwendig. Und hierfür kann ein Spezialist wie Kardex Lösungen anbieten.
«In Verbindung mit einer hohen Innovationskraft und einer kerngesunden Bilanz ist Kardex gut positioniert, um nachhaltig zu wachsen und langfristig Aktionärsmehrwert zu generieren», sagt Baumann-Portfolio-Manager Adrian Wildhaber.
Auch von Inficon ist er überzeugt: «Das Unternehmen ist strukturell hervorragend positioniert und wird stark profitieren, sobald der Halbleiterzyklus dreht.» Die Produkte von Inficon seien oft prozesskritisch und leisteten einen entscheidenden Beitrag bei der Steigerung von Effizienz, Qualität und Nachhaltigkeit. Wildhaber schätzt auch das Management als kompetent ein und verweist auf das seit Jahren stabile Umsatz- und Gewinnwachstum.
Dieser Artikel dient ausschliesslich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Die dargestellten Meinungen und Einschätzungen beruhen auf sorgfältiger Recherche, können jedoch nicht die individuelle Prüfung und Beratung durch Fachleute ersetzen. Börsenentwicklungen sind von vielen Faktoren abhängig und nicht vorhersehbar. Investitionen in Aktien, Kryptowährungen und andere Finanzprodukte bergen Risiken, einschliesslich des möglichen Verlusts des eingesetzten Kapitals.
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