Der Dachverband der Wirtschaft macht es seinem neuen Präsidenten Heinz Karrer (54) nicht einfach. Noch vor dessen Start verstrickt sich Economiesuisse in Widersprüche. Und das ausgerechnet im Spezialgebiet des Noch-Axpo-Chefs, der Energiepolitik!
Mit dem WWF und dem Kanton Aargau hat sich Economiesuisse zum «Trialog Neue Energiepolitik» zusammengetan. Im gestern vorgestellten Bericht haben sie die Energiestrategie 2050 des Bundes analysiert. Der Ton ist überraschend optimistisch. «Die bundesrätliche Energiestrategie ist in ihren Grundzügen ambitioniert, aber technisch machbar», so die zentrale Botschaft. Und weiter: «Die Basisannahmen erscheinen aus heutiger Sicht plausibel.»
Im Januar klang es bei Economiesuisse noch ganz anders. «Der Bundesratsbeschluss beruht auf einer ‹Schnellschuss›-Arbeit», kritisierte der Verband in einer Stellungnahme. In einer umstrittenen Studie zeichnete er eine düstere Zukunft. Die Wirtschaft müsse mit Wachstumseinbussen von bis zu 25 Prozent rechnen, stand da. Bis zu 150 000 Arbeitsplätze stünden auf dem Spiel.
Der damalige Economiesuisse-Direktor Pascal Gentinetta sagte: Die Energiestrategie ist «volkswirtschaftlich gefährlich» und führt in eine «wirtschaftliche Sackgasse».
Auch AKW-Betreiber Karrer sträubte sich gegen die Pläne. In diplomatischem Ton sagte er kurz nach dem Ausstiegsentscheid: «Die Grundlagen für den Entscheid müssen noch stark hinterfragt werden.» Und die Axpo lehne die Energiestrategie «in wichtigen Teilen» ab.
Und jetzt die plötzliche Kehrtwende von Economiesuisse? Auf Anfrage sagt Geschäftsführer Rudolf Minsch, dass Karrer die Ansicht des Verbandes mittrage: «Herr Karrer ist als Vorstandsmitglied schon seit längerem in die Entscheide miteingebunden.»
Minsch räumt ein, dass beim Trialog nicht überall Konsens herrschte. Die Positionen von Economiesuisse hätten sich nicht stark geändert: «Wir sind nach wie vor der Meinung, dass die bundesrätlichen Pläne mit beträchtlichen Kosten und volkswirtschaftlichen Einschnitten verbunden sind.»