Reisen in die teure Schweiz seien für viele ausländische Gäste unattraktiv geworden, schreibt das Bundesamt für Statistik in seiner aktuellen Fremdenverkehrsbilanz. Verantwortlich dafür sei der starke Franken.
Internationale Touristen gaben 2015 insgesamt 15,7 Milliarden Franken in der Schweiz aus, 3,4 Prozent weniger als im Vorjahr. Welche Folgen das hat, gesteht eine Ladenbesitzerin aus der Region Jungfrau gegenüber SonntagsBlick: «Letztes Jahr hatten wir noch drei Angestellte. Jetzt schmeissen wir den Laden alleine.» Sie fürchtet um ihre Existenz und möchte deshalb anonym bleiben.
«Es könnte besser laufen!»
Monika Kirchhofer (59) macht aus dem schlechten Geschäftsgang kein Geheimnis: Ihr kleiner Laden Francon Souvenirs steht an bester Lage im Touristen-Hotspot Interlaken BE. Normalerweise gehen die Touristen bei ihr scharenweise ein und aus. Jetzt sagt sie: «Es könnte besser laufen!»
«Der Mai und der Juni waren schwach», nun hofft die Besitzerin auf einen stärkeren Juli. Nach Ende des Ramadan kehren wenigstens die Araber zurück. Doch Kirchhofer rechnet nicht mit grossem Ansturm: «Es muss nur ein Terrorakt passieren», dann schaue es wieder ganz anders aus.
Dass die guten Zeiten im Souvenirgeschäft vorüber sind, bestätigt auch Sackmesser-Hersteller Victorinox: «An den Touristen-Hotspots spüren wir Einbussen im Geschäft», sagt Patron Carl Elsener (58). Das Konsumverhalten der Chinesen und der Japaner sei deutlich gebremst. «Insbesondere in unserem Uhrengeschäft spüren wir das deutlich.»
Tatsächlich hat die Branche nicht nur wegen des starken Frankens und der Terrorgefahr ein Problem. Mancher Souvenirhändler setzt seit den Boomjahren 2013/14 voll auf kostspielige Ware. «Vor allem die Chinesen verlangten nach teurem Luxus», sagt die Händlerin aus Interlaken. Das heisst: Die klassische Kuckucksuhr musste der protzigen Armbanduhr Platz machen. «Das rächt sich nun.» Weil die kaufkräftigen Touristen aus China, Japan und Russland ausblieben, blieben viele auf ihrer Ware sitzen.
«Viele machten den Fehler und setzten voll auf Uhren»
Den Negativtrend bestätigt auch Jean-Luc Bögli (40). Er betreibt mit den Edelweiss-Shops die grösste Souvenir-Kette der Schweiz, beliefert aber auch viele Geschäfte: «Viele machten den Fehler und setzten voll auf Uhren.» Mancher Laden habe dadurch seine Identität verloren. Bögli führt in seiner Kette keine Uhren. «Besonders gut laufen bei uns Textilwaren im Preissegment von 35 bis 50 Franken.»
Bei Francon in Interlaken versucht man das Beste aus der Situation zu machen. «Solange ich die Löhne bezahlen kann und kleinere Investitionen tätigen kann, bin ich zufrieden», sagt die Chefin. «Man darf eben nicht alles auf eine Karte setzen!» Mit einem etwas anderen Sortiment versucht sie, sich von den grossen Souvenirläden abzuheben: «Neu erfinden können auch wir uns nicht.»
Aber: «Mit einer individuellen Beratung und Freundlichkeit möchten wir den Touristen in positiver Erinnerung bleiben.» Die kämen dann auch bei ihrem nächsten Schweiz-Besuch wieder.
Und sollte der Umsatz am Ende des Jahres auch bei Francon in den Keller rasseln, «reise ich halt für einmal statt ins Ausland ins schöne Wallis».