Jobverlagerung bei Thurgauer Industriebude
Plötzlich dauert der Arbeitsweg eine Stunde länger

Beim Ostschweizer Logistiklieferant von Firmen wie Nestlé und Coop geht die Jobangst um. Denipro-Präsident Ralph Bouvard nimmt gegenüber BLICK Stellung zum Stellenabbau.
Publiziert: 01.11.2018 um 11:35 Uhr
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Aktualisiert: 03.11.2018 um 12:58 Uhr
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Blauer Himmel, eine frische Bise und eisige Stimmung bei den Angestellten: Heute Donnerstag früh bei Denipro in Weinfelden.
Foto: Patrik Berger
Ulrich Rotzinger, Patrik Berger

Erst der Schock, dann die Enttäuschung und jetzt die grosse Unsicherheit: Bei der Denipro AG in Weinfelden TG läuft ein Stellenabbau. Gemäss Recherchen führte der Lagerlogistiklieferant von Firmen wie Nestlé oder Coop bereits Dutzende von Einzelgesprächen mit den Betroffenen. Weitere Gespräche sind für die nächsten Wochen anberaumt.

Laut Denipro-Mitarbeitenden, die sich in den letzten Tagen bei BLICK gemeldet haben, baut das Tochter-Unternehmen der Ferag AG mit Sitz in Hinwil ZH die Jobs schrittweise ab, damit das Unternehmen eine Massenentlassung und einen Sozialplan vermeiden könne.

Die Rede ist von einer Reduktion der Denipro-Stellen von 80 auf 25 Jobs. Teilweise sollen Produktions-Arbeitsplätze zur Ferag AG nach Hinwil verlagert werden, um Doppelspurigkeiten abzubauen – für Mitarbeiter bedeutet das pro Weg eine Stunde Autofahrt. Dabei trennt sich das Unternehmen auch von Mitarbeitern, die bereits seit über drei Jahrzehnten für Denipro arbeiten. 

Auf Anfrage will sich Denipro nicht zur Anzahl der Betroffenen äussern, bestätigt aber einen Stellenabbau. Auch die «Thurgauer Zeitung», die heute von einem Stellenabbau berichtet, konnte keine Zahl aufgrund der Umstrukturierung herausfinden. 

BLICK liegt Mitarbeiter-Schreiben vor

In einem Brief von Mitarbeitenden, der die BLICK-Redaktion erreichte, heisst es: «Seit August 2018 werden monatlich Mitarbeiter gekündigt.» Und weiter: Geschäftsführer, Sekretärinnen, Verkäufer, Projektleiter, Techniker, Buchhalter und Montagepersonal mussten scheibchenweise das Feld räumen und werden unter enormem psychologischem Druck gekündigt oder zur Kündigung gedrängt.» Einen Sozialplan gebe es nicht. Das Schreiben ist nicht unterzeichnet, es heisst, die Informationen seien von Mitarbeitern, die «aus Angst vor Repressionen den Namen nicht preisgeben können».

BLICK erreicht Ralph Bouvard, Präsident des Verwaltungsrats der Denipro AG, am Telefon. Er bestätigt die Auslagerung eines Teils seiner Firma zur Ferag AG. Zum Ausmass des Stellenabbaus will auch er sich nicht äussern. Er verkauft den Abbau als Opfer des eigenen Erfolgs – exakt so titelt die Regionalzeitung aus dem Thurgau ihren Bericht.

Bouvard: «Verlagerung ist komplexe Angelegenheit»

«Die Verlagerung des Bereichs Intralogistik aus der Denipro und dessen Integration in die Ferag ist eine sehr komplexe Angelegenheit», sagt Bouvard. Die Rede ist von «mehreren Unbekannten» und «verschiedenen Unwägbarkeiten». Er versichert, dass man die bestmögliche Lösung für jeden einzelnen betroffenen Mitarbeiter suche. Dazu gehörten: Weiterbeschäftigung in Weinfelden, Transfer nach Hinwil, Frühpensionierung, Erstrecken der Kündigungsfrist, Outplacement. «Dieser Umstrukturierungsprozess wird noch eine Weile dauern.»

Weil der Abbau scheibchenweise erfolgt und sich bis über den Jahreswechsel hinzieht, ist Denipro nicht zu einem Sozialplan verpflichtet. «Trotzdem haben wir individuelle Massnahmen so sozialverträglich wie möglich ausgestaltet», sagt Bouvard. Der Werkplatz Schweiz sei bei alledem nicht in Gefahr: «Als Schweizer Traditionsunternehmen möchten Ferag und Denipro am Produktionsstandort Schweiz weiterhin festhalten.» 

Laut Firmen-Website gehört Ferag gemeinsam mit der WRH Global AG und der Denipro AG zur WRH Walter Reist Holding AG. Das Gesamtunternehmen ist weltweit tätig und beschäftigt rund 1000 Mitarbeiter. 

BLICK war heute Vormittag beim Sitz der Denipro in Weinfelden TG. Die Stimmung wirkte eisig, kein Mitarbeiter wollte über die Verlagerung sprechen. Die Unsicherheit über den Fortbestand der Firma in Weinfelden bleibt gross.

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