Angestellte von Detektiven überwacht
«Wieso fährt dieser Verkäufer so ein teures Auto?»

Seit Jahren schwelt bei Ikea Frankreich ein Spionage-Konflikt. Angestellte werden von Privatdetektiven überwacht. Nun stehen die Verantwortlichen vor Gericht. Die im Raum stehenden Vorwürfe sind happig.
Publiziert: 22.03.2021 um 14:39 Uhr
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Aktualisiert: 22.03.2021 um 17:00 Uhr
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Eine Filiale des schwedischen Möbelgiganten im Westen von Paris.
Foto: keystone-sda.ch
Patrik Berger

Die französische Niederlassung von Ikea und mehrere ehemalige Direktoren mussten heute in einem Spionagefall vor Gericht. Der Grund: Der schwedische Möbelgigant soll private Ermittler beauftragt haben, Daten von Mitarbeitern und Bewerbern zu sammeln. Acht Jahre hatten die Ermittlungen gedauert.

Konkret: Ikea Frankreich hat nicht nur ein Bespitzelungssystem eingeführt, sondern soll auch Polizisten bestochen und mit Privatapotheken zusammengearbeitet haben. Dies, um an Daten von gewerkschaftlich engagierten Angestellten und solche von streitbaren Kunden zu gelangen.

Happige Vorwürfe

Die Vorwürfe sind happig und passen irgendwie nicht zu einem Konzern wie Ikea, der sich stets mit der Aura eines sozialen Arbeitgebers umgibt. Um an Informationen über mögliche Vorstrafen und über Bankkonten zu kommen, habe das Unternehmen auch einen «Vertrag» mit Polizeibeamten abgeschlossen, die gegen Geld vertrauliche Daten aus Polizeidateien an den Möbelkonzern übermittelt hätten. Einige Geschäftsstellen hätten zudem ihr eigenes lokales Nachrichtensystem aufgebaut.

Der Fall wurde schon 2013 bekannt. Die damaligen CEOs von Ikea France, Jean-Louis Baillot und Stefan Vanoverbeke, wurden von der Polizei befragt. Vier Polizeibeamte, die verdächtigt werden, vertrauliche Informationen an Ikea weitergegeben zu haben, werden ebenfalls vor Gericht gestellt. Insgesamt gibt es im Spionagefall fünfzehn Verdächtige. Ihnen droht eine Gefängnisstrafe. Ikea wird wohl mit einer Geldbusse davon kommen. Was bleibt: Ein extremer Reputationsverlust für das schwedische Möbelhaus.

600'000 Franken pro Jahr für Privatdetektive

Laut Gerichtsakten gab Ikea etwa 600'000 Franken pro Jahr für Privatdetektive aus. Zum Beispiel mussten sie herausfinden, wie sich ein Mitarbeiter ein teures Auto leisten konnte. Detektive wurden auch gebeten, herauszufinden, ob ein Mitarbeiter «von Ökoterrorismus bedroht» sein könnte.

Der Anwalt von Ikea sagt, das Möbelunternehmen habe mittlerweile Änderungen vorgenommen und sei in Form von Reputationsschäden bereits ausreichend bestraft worden. Der Skandal hatte auch personelle Folgen: Nachdem der Fall ans Licht gekommen war, wurden mehrere betroffene Direktoren und Manager entlassen.

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