An der Grenze zur Legalität
Bei dieser Krankenkasse müssen Sie die Hosen runterlassen

Patienteninformationen bei Polizei und Steueramt einholen? Das hält Groupe Mutuel offenbar für nötig. Der Patientenschutz warnt davor, die Generalvollmacht der Krankenkasse zu unterschreiben. Das schreibt das Magazin «Beobachter».
Publiziert: 19.05.2019 um 13:47 Uhr
1/7
Ein Patient einer psychiatrischen Klinik sollte die Generalvollmacht seiner Krankenkasse unterschrieben. Damit hätte die Kasse auch bei der Polizei oder dem Steueramt Auskünfte einholen können. Nur dank einem aufmerksamen Mitarbeiter hat er es nicht getan.
Foto: Keystone
Andrea Haefely («Bebachter»)

Werner Müller* soll seiner Krankenkasse, der Groupe Mutuel, eine Vollmacht ausstellen. So steht es im Begleitbrief. Wenn er unterschreibt, darf die Kasse nicht nur in seine gesamte Krankenakte Einsicht nehmen und Dienstleister aus dem Gesundheitsbereich befragen, sondern sogar bei Polizei, Steueramt sowie öffentlichen und privaten Verwaltungen Auskünfte einholen. Und diese nach Gutdünken an Dritte weitergeben, etwa an seinen Arbeitgeber.

Müller war bis vor kurzem Patient in einer psychiatrischen Klinik. Glücklicherweise zeigte er das Schreiben dort einem Sozialarbeiter. Der riet ihm, die Vollmacht nicht zu unterzeichnen.

Daten- und Patientenschützer raten ab

Aus gutem Grund. Selbst bei Krankentaggeldversicherungen bewegen sich die Versicherer mit solchen Vollmachten an der Grenze der Legalität. Bei der Grundversicherung haben sie schon gar keine Berechtigung. «Solche Vollmachten sind grundsätzlich nicht vereinbar mit dem Krankenversicherungsgesetz. Dort ist genau geregelt, wie Versicherer Rechnungen prüfen dürfen», sagt Hugo Wyler vom Büro des eidgenössischen Datenschützers. «Generalvollmachten gehören definitiv nicht dazu. Wir raten deshalb jedem ab, solch eine Vollmacht zu unterschreiben.»

«Unterschreiben Sie keine Vollmachten, die die Einholung von umfassenden Informationen ermöglichen würden», sagt auch Daniel Tapernoux von der Stiftung SPO Patientenschutz. «Erkundigen Sie sich stattdessen über den genauen Anlass für die Vollmacht. Wenn Sie es für richtig halten, geben Sie Ihre Angaben und Ihre Einwilligung nur für diesen ganz bestimmten Zweck.»

Ein Ausschnitt aus der Generalvollmacht der Groupe Mutuel.
Foto: ZVG

Groupe Mutuel spielt Tatsachen runter

Auf Anfrage lässt die Groupe Mutuel verlauten, die Vollmacht betreffe nicht die Grundversicherung, sondern lediglich den Privatversicherungsbereich, etwa die Krankentaggeldversicherung. Tatsache ist aber, dass bei der Groupe Mutuel jeder Kunde eine einzige Versichertennummer hat, egal, welche Produkte er bei der Kasse gekauft hat. Die Vollmacht gälte also auch für die Grundversicherung.

* Name geändert.

Artikel aus dem «Beobachter»

Dieser Artikel wurde von Beobachter.ch übernommen. Weitere spannende Artikel finden Sie unter www.beobachter.ch

Dieser Artikel wurde von Beobachter.ch übernommen. Weitere spannende Artikel finden Sie unter www.beobachter.ch

Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.
Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?
Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.