Andrea Hohendahl (Text) und valeriano di domenico (foto)
Am EM-Final wird auch die Schweiz dabei sein», sagt der Chef der Feldschlösschen Brauerei ganz euphorisch. Damit meint Thomas Amstutz (49) weniger unsere Fussballnati als das Bier, das die Fans im Stadion beim entscheidenden Match trinken werden. «Wir dürfen für die Fussball-EM das Bier liefern. Darauf sind wir sehr stolz.»
Schweizer Bier an der Europameisterschaft in Frankreich? Können die Franzosen selber kein solches Bier brauen? «Bei Feldschlösschen haben wir ein Kompetenzzentrum für alkoholfreies Bier geschaffen, das einzigartig und weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt ist.»
Das sei der Grund, warum der dänische Braugigant Carlsberg als Besitzerin von Feldschlösschen den Auftrag zur Herstellung des EM-Biers nach Rheinfelden AG vergab –und nicht in die benachbarte französische Konzernbrauerei Obernai im Elsass. An den Partien im Stadion ist auf Geheiss des Fussballverbands Uefa nämlich nur alkoholfreies Bier erlaubt.
«Obschon wir in der Produktion teurer sind als unsere europäische Schwestermarken, können wir uns dank Innovation und Flexibilität von ihnen abheben», sagt Amstutz. Apropos Innovation: Die Rheinfelder haben ein System entwickelt, das die Wirte bei der Lagerbewirtschaftung unterstützt. «Ein Sensor im Bierfass überprüft stets den Druck und löst automatisch eine Nachbestellung aus, wenn sich der Inhalt dem Ende zuneigt.» Von diesem Know-how profitiert laut Amstutz die gesamte Carlsberg-Gruppe.
Wegen des EM-Grossauftrags hat Feldschlösschen die Produktion auf volle Kraft hochgefahren. Die Brauprofis stehen nun rund um die Uhr, sieben Tage die Woche im Einsatz, um rechtzeitig das EM-Bier der Sorte Carlsberg 5.0 und Carlsberg Alkoholfrei fertigzustellen. Insgesamt 3 0 000 Hektoliter des Gerstensafts verteilen die Rheinfelder auf die Stadien und Fanzonen in Frankreich.
Es herrscht aber nicht nur eitel Sonnenschein bei den Brauern in Rheinfelden. Der Konsum von Bier sinkt – und das nicht nur in der Schweiz. 2014 tranken Herr und Frau Schweizer pro Jahr und Kopf rund 56 Liter Bier; letztes Jahr waren es etwas über 55 Liter. «Die Krise in der Gastronomie, verursacht durch den starken Franken und der Flaute im Tourismus, bekommen auch wir voll zu spüren», sagt Amstutz. In Zahlen heisst dies: minus 0,3 Prozent beim Volumen oder 1,5 Prozent weniger Umsatz im letzten Jahr.
Weit trüber sieht es bei der dänischen Konzernmutter Carlsberg aus: Der viertgrösste Brauriese der Welt wies unter dem Strich für das Geschäftsjahr 2015 einen Verlust von umgerechnet 400 Millionen Franken aus. Da kommt der Grossauftrag für die Euro 2016 gerade recht. l