Darum gehts
- Altersheim in Bondo GR nimmt Italiener zu günstigeren Tarifen auf als Einheimische
- Kreatives Angebot soll leere Betten füllen und Kosten decken
- Italiener zahlen 70 bis 80 Prozent des Preises, der Einheimischen verrechnet wird
Das Gesundheitszentrum Centro sanitario Bregaglia (CSB) in Bondo GR kämpft mit leeren Betten. Das Altersheim im Bergell greift nun zu einer unkonventionellen Massnahme. Weil ungenutzte Plätze nur hohe Fixkosten verursachen, sollen künftig Pflegebedürftige aus dem benachbarten Italien zu einem deutlich günstigeren Tarif aufgenommen werden, wie die «Südostschweiz» berichtet. Italienerinnen und Italiener zahlen nur 70 bis 80 Prozent des Preises, der Einheimischen verrechnet wird. Für diese kostet ein Tag mindestens 187 Franken.
«Leere Betten verursachen Kosten. Das CSB funktioniert wie ein Unternehmen und muss wirtschaftlich geführt werden», sagt Präsident Maurizio Michael im Bericht. Er betont aber, dass Einheimische weiterhin Vorrang hätten. Zudem werde geprüft, ob der Staat Italien einen finanziellen Beitrag leisten könne, um die Preisunterschiede auszugleichen. Laut Michael geht es um höchstens sechs Betten und um Aufenthalte von maximal sechs Monaten.
«Kreatives und wegweisendes Angebot»
Das Billigangebot für Italienerinnen und Italiener bezeichnet Michael als «kreativ, experimentell und wegweisend» – auch im Hinblick auf die Situation im Norden Italiens. Denn dort ist der Druck auf Alters- und Pflegeheime derzeit enorm hoch. Wartelisten sind lang, Spitäler werden geschlossen, und viele Familien wissen schlicht nicht mehr, wo sie ihre Angehörigen unterbringen sollen.
Langfristig will das CSB seine Auslastung jedoch wieder mit Schweizern sichern. Schon heute stammen rund 40 Prozent der Bewohnerinnen und Bewohner aus dem Oberengadin, wo zwei Altersheime wegen Personalmangels schliessen mussten.
Erspartes ist schnell aufgebraucht
Die leeren Betten im Bergell überraschen. Denn schweizweit ist es schwierig, einen Platz für seine Angehörigen zu finden. Lange Wartelisten sind an der Tagesordnung. Hohe Kosten sowieso. So müssen Pflegebedürftige in der Schweiz durchschnittlich über 5300 Franken pro Monat aus der eigenen Tasche berappen. Je nach Pflegebedarf kann der Betrag auch deutlich höher liegen. Das Ersparte ist so schnell weg. Die Altersheimkosten fressen oft auch das Erbvermögen weg.
Nur jeder Zweite kann die Kosten fürs Alters- oder Pflegeheim im hohen Alter aus dem eigenen Sack berappen. Die Übrigen sind auf Ergänzungsleistungen angewiesen. Durchschnittlich verbringen Rentnerinnen und Rentner derzeit vor ihrem Tod ein bis eineinhalb Jahre im Pflegeheim, wie eine Studie des Vergleichsdienstes Moneypark zeigt. Je älter sie werden, desto wahrscheinlicher ist ein Heimaufenthalt. Von den 85-bis 89-Jährigen lebt ein Sechstel im Heim, von den über 90-Jährigen schon ein Drittel.