Klimaforscher Thomas Stocker erklärt die Sturmsaison 2017
«Hurrikane werden immer zerstörerischer»

Klima-Forscher Prof. Dr. Thomas Stocker (58) erklärt im BLICK-Interview, warum in den letzten Wochen immer wieder Hurrikane die Erde heimsuchen.
Publiziert: 21.09.2017 um 20:40 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 00:45 Uhr
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Klima-Forscher Prof. Dr. Thomas Stocker (58).
Foto: Sabine Wunderlin
Myrte Müller

BLICK: Nach Harvey, Irma und José tobt nun der vierte Hurrikan namens Maria über die Karibik. Wie kommt es zu dieser Häufung von Stürmen?
Thomas Stocker
: Es ist Ende Sommer. Die Temperatur der Meeresoberfläche in diesem Gebiet stieg auf über 27 Grad. Wenn gleichzeitig in der Atmosphäre keine starken Strömungen sind, die solche Stürme zerreissen würden, dann entstehen Hurrikane. Die Analysen allerdings sind noch nicht abgeschlossen. Die Forschung ist noch angewiesen auf Messungen von Satelliten und vor Ort.

Vier Hurrikane in drei Wochen. Ist das ein neues Phänomen?
Hurrikane hat es schon immer gegeben. Ihre jetzige Häufung, vor allem ihre Intensität, sind allerdings besorgniserregend.

Werden wir uns in Zukunft auf mehr Stürme einstellen müssen?
Eine Häufung von Hurrikanen ist nicht unbedingt zu erwarten. Aber man kann davon ausgehen, dass die Hurrikane stärker und somit zerstörerischer werden. Je grösser die aufgewärmte Meeresoberfläche ist, desto mehr Energie holen sich die Stürme aus dieser Wärme. Sie werden zunehmen und erreichen häufiger die Kategorie fünf oder höher.

Ist der Klimawandel schuld?
Durch den Klimawandel werden warme Flächen auf dem Ozean grösser. Man muss auch in Zukunft mit dramatischen Situationen rechnen.

Inwiefern trifft diese Klimaveränderung Europa oder die Schweiz?
Hier gibt es keine Hurrikane. Aber die Hurrikane aus der Karibik ziehen von den Tropen nach Westen, drehen nach Norden ab und ziehen manchmal abgeschwächt nach Osten. Ihre Ausläufer, eine Art Rest-Posten der Hurrikane, können als Stürme sogar Europa erreichen. Sturm Henri ist ein Beispiel dafür. (Anmerkung der Redaktion: Der Sturm forderte vor zwei Jahren drei Tote in Frankreich).

Was können wir gegen die zerstörerischen Naturgewalten tun?
In Europa nehmen starke Niederschläge zu. Das führt zu Überflutungen, die nicht immer von der Kanalisation geschluckt werden können. Da braucht es Anpassungsmassnahmen wie Entlastungsstollen.

Wie wirksam wäre der in Paris verabschiedete Klimaschutz?
Würde das Ziel des Übereinkommens von Paris erreicht, also gelingt es, die globale Erwärmung auf unter zwei Grad Celsius zu begrenzen, dann würde der Klimaschutz auch die zerstörerische Intensität der Hurrikane deckeln.

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