Wegen Plage am Mittelmeer werden die Tiere lebendig begraben
Das unzimperliche Ende einer Lungenqualle

Das Mittelmeer wird derzeit von Quallen überschwemmt. Einige Tiere werden am Strand angespült, so auch in der Toskana. Bademeister Giovanni vergräbt die Quallen kurzerhand – bei lebendigem Leibe.
Publiziert: 23.07.2022 um 12:46 Uhr
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Aktualisiert: 24.07.2022 um 09:52 Uhr
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Solche Lungenquallen werden derzeit zu Tausenden an italienischen Stränden angeschwemmt.
Foto: Alain Kunz
Alain Kunz, Marina di Castagneto/Donoratico (I)

«Medusa! Medusa!» tönt es regelmässig aus Kinderkehlen. Dann, wenn die Kleinen wieder ein glibberiges weisses Ding mit dem violetten Kranz entdeckt haben. Und das tun sie mittlerweile mit grösster Regelmässigkeit. Denn die Lungenqualle, wissenschaftlich Rhizostoma Pulmo, ist zu einer echten Plage am Mittelmeer geworden.

Das Bild ist nicht derart verstörend wie im April in Triest, als Hunderttausende der Nesseltiere strömungsbedingt den Hafen invadierten – aber als Mittelmeer-Badender geniesst man doch eine Medusa-Sichtungsgarantie. «Die Dinger sind so gross wie noch nie», sagt Alberto Olmi, Direttore des Stabilmento Balneare «La Tana del Pirata» am Strand von Castagneto am etruskischen Meer in der Toskana.

Bis zu 10 Kilo schwer

In der Tat: Die weissen Puddingtiere können derzeit einen Durchmesser von fast einem Meter erreichen und bis zehn Kilo schwer werden! Pech haben sie, wenn sie von der Strömung ans Land geschwemmt werden. Denn sind sie nicht mehr in Wasser, verenden sie. Und aus tourismusstrategischen Gründen eine gestrandete Qualle wieder ins Meer zu werfen, wäre marketingmässig suboptimal.

Was machen? Bademeister Giovanni fackelt nicht lang. Mit einer Kinderschaufel hebt er ein Quallengrab aus, befördert das noch «atmende» Ding mit blossen Händen hinein – und schüttet das Loch zu. Bei lebendigem Leibe begraben.

Für Menschen nicht gefährlich

Gefährlich ist die Quallenart für Menschen nicht. Wenn die Tentakel mit der Haut ich Berührung kommen und die Nesselfäden das Gift mit bis zu 70 km/h freisetzen, ist das zwar höchst unangenehm. Mehr aber nicht. Die Haut wird rot, es kommt zu einer leichten Verbrennung ähnlich einem Hautausschlag.

«Dagegen haben wir für unsere Gäste immer einen Anti-Medusa-Spray parat», sagt Alberto. Und in der Apotheke gibts die entsprechende Salbe in Eigenproduktion als derzeit wohl gefragtestes Produkt. Das ist, was hilft. Nicht aber die Hausmittel wie mit Sand einreiben, Urin, Ammoniak, Grappa (!) oder dergleichen. Sondern: Mit Meerwasser abwaschen, um festsitzende Nesselkapseln freizuschwemmen, Spray oder Salbe drauf, Süsswasser und Sonne vermeiden. Fertig.

Anderntags ist der Schmerz schon Geschichte. Es hält die Touristen dennoch vom Bade im mit 29 Grad rekordverdächtig warmen Wasser ab. Die Quallen schrecken ab. Im Wasser ist kaum jemand. Der Weisse Hai lässt grüssen.

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