Er fliegt und fliegt und fliegt. Simon Ammann (38) wird auch im kommenden Saison wieder über die grössten Schanzen der Welt donnern, sich am Tisch in die Luft katapultieren, durch die Luft segeln und letztlich sanft im Schnee landen. Er startet schon bald in seine 23 (!) Weltcup-Saison. «Momentan bin ich schon etwas flach», sagt er schmunzelnd, «aber das wird schon wieder.» Was Ammann meint: Zuletzt musste er für seine Assessment-Prüfungen an der Uni St. Gallen schuften. Das kostete Energie. «Zudem habe ich auf Ferien verzichtet», so Ammann.
Schnell fragt man sich: Warum tut sich der Doppel-Doppel-Olympiasieger (2002 und 2010) den grossen Aufwand weiter an? Schliesslich hat er auch zuhause als zweifacher Familienvater viel zu tun. Die Gründe sind vielfältig. Nach einem Jahr Angewöhnung fühlt er sich auf seinen Slatnar-Ski immer wohler. Dazu hat Ammann erkannt, dass er körperlich auch mit 38 noch mithalten kann. Schliesslich ist da noch das Umfeld, welches passt. Sowohl jenes im Sport als auch das Privatleben zuhause. «Klar, ich habe auch mit meiner Frau Yana darüber gesprochen. Sie hält mir den Rücken frei. Ohne ihre Unterstützung wäre das alles nicht möglich.»
«Vieles klappte automatisch»
Schliesslich war da noch das gute Gefühl, welches sich Ammann gegen Ende der letzten Saison bei den weiten Sprüngen in Vikersund (Rang 8) und Planica (Ränge 6 und 13) holte. «Das hatte ich gebraucht. Vieles klappte automatisch, wurde selbstverständlich. Ich konnte dadurch wieder anfangen, zu spielen.» Heisst: Die Sprünge waren keinen Knorz. Ammann: «Ich musste nicht mehr ständig überlegen. Wie ein Stürmer im Fussball, der alleine vor dem Torhüter steht. Wenn er Selbstvertrauen hat, macht er ihn auch rein. Wenn ihn aber zu viel beschäftigt, geht es schief.»
Genau weil so viele Faktoren an seiner Karriere hängen, entschied Ammann erst viele Wochen nach dem Ende der letzten Saison: Ja, ich mache weiter! Er macht es ohne jegliches Brimborium. Beim Communiqué von Swiss Ski am 11. April war er auf der Liste der selektionierten Athleten für den kommenden Winter – nicht mehr und nicht weniger. Und was bringt die Zukunft? Ammann: «Das Podest muss das Ziel sein.» Vor allem auf den grossen Schanzen sieht er Potenzial dafür. Denn: Das spielt die reine Sprungkraft nicht die alles entscheidende Rolle – die Aerodynamik ist mindestens so wichtig.