Simon Ammanns unbekannte Rolle als Präsident von Special Olympics
Skisprung-Legende fordert Schweizer Sportverbände zur Inklusion auf

Seit Jahren engagiert sich Simon Ammann für den Sport von Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung. Jetzt redet der Vierfach-Olympiasieger erstmals ausführlich über seine Aufgabe als Stiftungsratspräsident von Special Olympics.
Publiziert: 08.06.2025 um 20:05 Uhr
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Simon Ammann redet bei Blick über seine bisher unbekannte Leidenschaft: Der Skispringer engagiert sich seit Jahren für Special Olympics, der Stiftung für den Sport der Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung.
Foto: Sven Thomann

Als vierfacher Olympiasieger hat sich Skispringer Simon Ammann (43) längst in der Wintersportgeschichte als einer der ganz Grossen verewigt. Doch der Toggenburger arbeitet seit Jahren ohne grosses Tamtam daran, auch in einem ganz anderen Sportbereich seine Spuren zu hinterlassen: im Sport für Menschen mit einer kognitiven Beeinträchtigung. Das bedeutet, dass die geistige Leistungsfähigkeit eingeschränkt ist. 

Ammann ist schon seit drei Jahren Stiftungsratspräsident von Special Olympics Switzerland, davor während zehn Jahren bereits Botschafter. Special Olympics ist die Schweizer Stiftung, die als Dachorganisation für die entsprechenden Belange im Sport funktioniert. 

Jetzt redet der Doppel-Doppel-Olympiasieger erstmals ausführlich über sein bisher unbekanntes Engagement. Es ist alles andere als ein Grüssaugust-Job. Ammann schätzt den zeitlichen Aufwand für das Ehrenamt auf ein wöchentliches 20-Prozent-Pensum.

«Es ist eine schöne Aufgabe, wir geben nun richtig Gas»

Neben der nach wie vor mit hohem Trainingsaufwand betriebenen Aktivkarriere, ihrer Familie mit drei Kindern und dem Betriebswirtschaftsstudium an der HSG in St. Gallen ist der Wintersport-Legende ganz nebenbei der Behindertensport so sehr ans Herz gewachsen, dass sie sich mit Feuer und Flamme dafür einsetzt. Ammann hilft dem operativen Team um Direktor Bruno Barth bei der Geldbeschaffung, das ist die wichtigste Aufgabe der Stiftung. Er ist aber auch an Gesprächen mit Firmen dabei, wenns um allgemeine Inklusionsthemen geht. Und Ammann ist an Sportanlässen präsent, auch an mehrtägigen im Ausland wie 2023 an den World Games in Berlin. 

Schweiz hat 2026 weniger Startplätze – Ammanns grosser Olympia-Traum droht zu platzen

Sein Amt als Stiftungsratspräsident von Special Olympics wird Simon Ammann noch mindestens ein Jahr neben seiner beispiellosen Aktivkarriere ausüben. Der Team-Oldie kündigte schon im Winter am Rande der WM an, auch noch den Olympia-Winter 2025/26 anzuhängen. «Es wird mein letztes Projekt, ich freue mich sehr darauf», sagt er.

Sich in seiner 29. Weltcup-Saison für seine achten Winterspiele zu qualifizieren, wird aber eine Knacknuss. Für die Selektion ist im Weltcup einmal ein Rang in den Top 15 oder zweimal Top 25 nötig.

Doch die grösste Hürde ist etwas anderes. Das IOC strich im Skispringen den Männern Startplätze, um mehr Frauen unterzubringen. Der Schweiz stehen nur noch drei Startplätze zu. Den bisherigen Teamwettkampf mit vier Springern gibts nicht mehr, nun ist neben den beiden Einzelspringen der Super-Team-Event mit zwei Athleten pro Team im Programm. «Das ist eine ganz schlechte Entwicklung», sagt Ammann und meint die Abschaffung des klassischen Vierer-Formats.

Doch es ist vor allem die Startplatzreduktion, die Ammanns Olympia-Traum bedroht. Er muss unter die besten drei des Landes zurückkehren. Doch im letzten Winter befand er sich mehrfach nicht mal mehr unter den besten vier und bekam kein Aufgebot mehr für den Weltcup.

Ammann: «Die Quali wird keine Selbstverständlichkeit. Der Kampf wird viel härter. Andererseits muss man sowieso ein gewisses Level erreichen, um dabei zu sein. Daran arbeite ich jetzt. Ich fühle mich jetzt im Sommertraining deutlich besser als vor einem Jahr.» (md)

Sein Amt als Stiftungsratspräsident von Special Olympics wird Simon Ammann noch mindestens ein Jahr neben seiner beispiellosen Aktivkarriere ausüben. Der Team-Oldie kündigte schon im Winter am Rande der WM an, auch noch den Olympia-Winter 2025/26 anzuhängen. «Es wird mein letztes Projekt, ich freue mich sehr darauf», sagt er.

Sich in seiner 29. Weltcup-Saison für seine achten Winterspiele zu qualifizieren, wird aber eine Knacknuss. Für die Selektion ist im Weltcup einmal ein Rang in den Top 15 oder zweimal Top 25 nötig.

Doch die grösste Hürde ist etwas anderes. Das IOC strich im Skispringen den Männern Startplätze, um mehr Frauen unterzubringen. Der Schweiz stehen nur noch drei Startplätze zu. Den bisherigen Teamwettkampf mit vier Springern gibts nicht mehr, nun ist neben den beiden Einzelspringen der Super-Team-Event mit zwei Athleten pro Team im Programm. «Das ist eine ganz schlechte Entwicklung», sagt Ammann und meint die Abschaffung des klassischen Vierer-Formats.

Doch es ist vor allem die Startplatzreduktion, die Ammanns Olympia-Traum bedroht. Er muss unter die besten drei des Landes zurückkehren. Doch im letzten Winter befand er sich mehrfach nicht mal mehr unter den besten vier und bekam kein Aufgebot mehr für den Weltcup.

Ammann: «Die Quali wird keine Selbstverständlichkeit. Der Kampf wird viel härter. Andererseits muss man sowieso ein gewisses Level erreichen, um dabei zu sein. Daran arbeite ich jetzt. Ich fühle mich jetzt im Sommertraining deutlich besser als vor einem Jahr.» (md)

Bevor er als prominenter Sportler für eine Botschafterrolle angefragt wurde, hat sich der Skispringer nicht gross mit dem Thema auseinandergesetzt. In seinem Umfeld hatte Ammann zuvor keine Berührungspunkte mit geistig beeinträchtigten Menschen. 

«Doch als ich mir einen Event anschaute, hat es mich auf Anhieb gepackt, weil der Sport total im Mittelpunkt steht. Die Athletinnen und Athleten strahlen eine unglaubliche Positivität aus. Sie geben einem selber fast mehr, als man ihnen geben kann», schildert Ammann. Als 2022 ein neuer Präsident gesucht wird, stellt sich der Ostschweizer der Wahl. «Es ist eine schöne Aufgabe. Wir geben nun richtig Gas.» 

Ammann fordert die herkömmlichen Sportverbände heraus

Der Skispringer schildert beim Gespräch in einer Trainingspause an der Schanze in Einsiedeln SZ, wo er die Stiftung hinlenken möchte. «Am Schluss meiner Amtszeit 2030 will ich zurückschauen und sehen können, dass unsere Athleten dem Regelsport angeschlossen sind.»

Im Klartext heisst das: Special Olympics fordert, dass seine Athletinnen und Athleten Anschluss an die herkömmlichen Verbände bekommen. Ammann: «Dass zum Beispiel die Skifahrer bei Swiss-Ski angeschlossen sind, die Radfahrer bei Swiss Cycling und so weiter.»

Er betont: Beim angestrebten Anschluss an den Regelsport gehts nicht ums Geld, sondern um die gesellschaftliche Integration. «Unsere Athletinnen und Athleten dürfen nicht ausgegrenzt werden, das ist unfair. Wir müssen in die Sportfamilie integriert werden», sagt Ammann. Der zweifache Sportler des Jahres nennt ein Beispiel: «Wir wollen eines Tages auch bei den Sport Awards dabei sein.» Genauso wie es der Para-Sport, die Sparte der körperlich beeinträchtigten Athleten, bereits geschafft hat. Ammann meldet für seinen Bereich aber auch erste Erfolge. Neue kantonale Stellen beraten Vereine, wie sie Angebote bereitstellen können.

2029 finden bei uns die Special Olympics World Games statt

«Es geht nicht von heute auf morgen. Es ist ein Kampf», sagt Ammann. Gerade in der Schweiz und gerade im Sport gäbe es die Tendenz, dass jeder für sich schaut. Das Thema Inklusion werde aber auch «intern» zuweilen kritisch betrachtet. «Gegenwehr gibts auch von Institutionen, die sich auf kognitive Beeinträchtigung spezialisiert haben. Sie öffnen sich nur langsam.»

Einen Schub erhofft sich der Stiftungsratspräsident vom bevorstehenden Grossanlass. Die Schweiz trägt die Special Olympics World Winter Games 2029 aus. Rund 3200 internationale Teilnehmende werden in vier Jahren an den Wettkampforten Chur, Lenzerheide und Arosa erwartet. Ammanns Traum: Dass die World Games in der Schweiz eine Art Durchbruch für die Inklusion markieren können. Dafür will der Skispringer weiter kräftig mithelfen. Ammann: «Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung können sich oft nicht selber für sich einsetzen. Deshalb ist es so wichtig, dass wir das für sie tun.»

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