Sie haben noch nie richtig gestritten. Nicht als Kinder, nicht als Erwachsene. Beide im Sternzeichen Waage geboren, sagen sie: «Wir sind harmoniebedürftig.» Sie lachen.
«Wenns mal Spannungen gibt, gehen wir einfach kurz in verschiedene Zimmer – und dann ist es wieder gut.» Nadine (30) und Cyril Fähndrich (26) brauchen keine grossen Gesten, um zu zeigen, dass sie sich verstehen – ein kurzer Blick reicht.
Auf der Loipe, im Training, beim Mittagessen zwischen zwei Weltcupetappen. Bruder und Schwester, die fast ihr ganzes Leben im gleichen Rhythmus verbringen: reisen, trainieren, kämpfen – und füreinander da sein.
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«Wir haben sehr viel Kontakt, sind oft zusammen unterwegs. Das ist nicht selbstverständlich», sagt Cyril. Nadine ergänzt: «Es ist schön, jemanden zu haben, der so genau weiss, wie sich das alles anfühlt.»
Schon als Kinder waren sie unzertrennlich. Aufgewachsen in einem Zweifamilienhaus in der Zentralschweiz, mit einer befreundeten Familie und deren drei Kindern. «Das war eine super Zeit – zwei Mütter, die gekocht haben, fünf Kinder, die ständig zwischen den Wohnungen hin und herliefen», erinnert sich Nadine Fähndrich. Weihnachten feiern sie bis heute alle gemeinsam.
Geteiltes Leid
Dass sie nun beide im Langlaufweltcup unterwegs sind, hat ihre Beziehung noch enger gemacht. Früher waren die vier Jahre Altersunterschied gross – heute kaum mehr. «Seit wir beide auf dem gleichen Niveau unterwegs sind, ist alles noch intensiver geworden», sagt Cyril Fähndrich, der noch etwas im Schatten seiner Schwester steht.
Aber auch er muss sich nicht verstecken: dreifacher Schweizer Meister, U20-Bronze bei den Nordischen Junioren-Skiweltmeisterschaften in 30 Kilometer klassisch. Und dieses Jahr WM-Silber mit der Männerstaffel im norwegischen Trondheim.
Cyril sieht in seiner älteren Schwester mehr als nur eine Teamkollegin: «Sie war immer ein Vorbild. Sie hat alles vorgemacht – und ich konnte immer mit ihr reden. Das hat mir extrem geholfen.»
Nadine wiederum schätzt an ihm, wie sehr er sich um andere kümmert. «Cyril sorgt dafür, dass sich alle wohlfühlen. Er hält Kontakt, denkt an alle – das würde ich manchmal auch gern so gut können.» Die Langläuferin feierte diesen Winter ihren sechsten Einzel-Weltcupsieg. «Natürlich schaue ich zu ihr auf», sagt Cyril.
Besonders spürbar wird ihre Nähe aber in den Momenten, in denen es sportlich nicht läuft. «Nach einer Niederlage von mir war Cyril fast noch trauriger als ich», sagt Nadine.
Umgekehrt fiebern sie bei Erfolgen fast noch intensiver beim anderen mit, als wenn es sie selbst betrifft. «Man freut sich noch mehr, wenn es der andere schafft», sagt Cyril Fähndrich.
So erging es vor allem der grossen Schwester bei der diesjährigen WM im norwegischen Trondheim. Nadine Fähndrich gewann Bronze im Sprint Freistil und mit Anja Weber zusammen nochmals Bronze im Teamsprint klassisch. Nur einen Tag später holte Cyril mit der Männerstaffel Silber. «Bei meinen eigenen Erfolgen habe ich mich gefreut, aber bei Cyril habe ich geweint wie ein Schlosshund. Den kleinen Bruder erfolgreich zu sehen, ist schöner, als wenn ich selbst Erfolg habe.»
Für ihre Eltern ist es beruhigend zu wissen, dass die beiden einander haben. «Sie wissen, dass wir aufeinander schauen – und das gibt ihnen ein gutes Gefühl», sagt Cyril.
Ihrer Familie haben die beiden Langlaufcracks auch ihre Sportart zu verdanken. Bereits Vater Kurt Fähndrich war Langläufer, ebenso Onkel Markus Fähndrich. Die Eltern kommen oft zu den Wettkämpfen. «Da wir in der gleichen Sportart sind, haben sie gleich zwei Fliegen mit einer Klappe!», sagt Cyril lachend.
Jetzt beginnt der nächste Winter, die grosse Olympiasaison. Nadine will um Gold kämpfen, Cyril will sich qualifizieren und zeigen, was in ihm steckt. Geschwister mit unterschiedlichen Wegen, aber einem gemeinsamen Ziel: das Beste aus sich – und füreinander – herauszuholen.