So langsam aber sicher droht das Bankkonto von Reto Burgermeister auszutrocknen. Kein Wunder. Seit Monaten ist die russische Geldeinnahmequelle versiegt. «Der Lohn ist noch ausstehend. Die Rede ist von sechs Monaten», sagt Burgermeister.
Nachdem der Zürcher Anfang Oktober seine Sachen als Langlauf-Coach einer russischen Equipe packen musste, gab er zunächst eine einwöchige Frist für die Überweisung, verlängerte sie dann bis Ende Monat. Nun ist das Geld noch immer nicht geflossen. «Vielleicht ist es dumm von mir, überhaupt sechs Monate ohne Lohn zu arbeiten. Aber wir haben es halt mit Herzblut gelebt. Aber jetzt will ich das Geld, für das ich gearbeitet habe», stellt der 41-Jährige klar.
Burgermeister wird nun wohl rechtliche Schritte einleiten. «Ich werde mir einen Anwalt suchen müssen und mich mit Nachdruck beim russischen Verband melden.»
Das könnte für die Russen teuer werden. Denn Burgermeister hätte einen Vertrag bis April 2018. «Ich hätte eine Abfindung zu Gute. Wenn der Lohn jetzt kommt, dann ist es okay. Dann lasse ich es ruhen», ärgert er sich. «Aber wenn ich den Lohn einklagen muss, dann werde ich auch über die Abfindung streiten.»
Doch eigentlich will Burgermeister nur eines: Einen Schlussstrich unter die Angelegenheit ziehen. Denn dass sein grosses Abenteuer so unschön endet, schmerzt ihn. Fünf Jahre lang holte er mit seiner Truppe für die Russen die Kohlen aus dem Feuer. Ein Grossteil der Podestplätze in dieser Zeit geht aufs Konto seiner Trainingsgruppe. Der Tour-de-Ski-Sieg von Alexander Legkov 2013? Dessen Olympia-Triumph 2014 über 50 km? Alles unter Burgermeisters Leitung! Doch als es drauf ankommt und er mit Athleten in Streit gerät, lässt der Verband ihn fallen.
«Ich hatte null Rückendeckung. Überhaupt keinen Rückhalt.» Doch genau den hätte er gebraucht. Den ganzen Sommer kämpfte er gegen seine Athleten. Nur zwei wollten mitziehen, zwei stellten sich komplett quer. Sie wollten die Trainingspensen (800 Stunden für die Saison) nicht mitgehen. Doch Burgermeister war klar, dass die Zielvorgabe WM-Medaille mit weniger nicht zu erreichen wäre. «Im August ist es erstmals komplett eskaliert. Die Athleten haben das Training boykottiert. Das war Trainingsverweigerung. Das hat mich als Trainer schwer getroffen.»
Als er auch in einer anderen Trainingsgruppe keinen Unterschlupf findet, wird er vom Verband freigestellt. Aber nicht, ohne selbst mehrmals die schriftliche Kündigung einfordern zu müssen.
Burgermeister will sich von dieser Erfahrung aber nicht abschrecken lassen. Sollte irgendwann wieder ein ähnliches Abenteuer warten, wo auch immer, könnte er kaum Nein sagen. Momentan wartet er aber auf eine freie Trainerstelle. Weder in der Schweiz noch bei sonst einer Nation ist derzeit etwas frei.