Wirbel um strenge Verbandsregeln
Baby von Schweizer Bob-Ass ist im Teamhotel unerwünscht

Die 28-jährige Bobsportlerin Nadja Pasternack meistert die Herausforderungen als junge Mutter im Leistungssport. Swiss Sliding stellt ihr jedoch Hindernisse in den Weg, während andere Nationen Athletinnen mit Kindern unterstützen.
Publiziert: 17.04.2025 um 00:01 Uhr
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Aktualisiert: 17.04.2025 um 10:28 Uhr
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Nadja Pasternack mit ihrer im Dezember 2023 geborenen Tochter.
Foto: Nadja Pasternack

Darum gehts

  • Nadja Pasternack kämpft nach Geburt ihres Kindes für Comeback im Bobsport
  • Swiss Sliding verbietet Baby im Teamhotel – das erschwert Vereinbarkeit von Sport und Mutterschaft
  • Pasternack holte beim ersten Weltcupeinsatz nach Geburt mit Melanie Hasler Rang 4
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Nele BachmannRedaktionelle Mitarbeiterin Sport

Nadja Pasternack (28) hat vor dem letzten Winter an der Starter-SM bewiesen, dass sie noch immer die schnellste Anschieberin im Schweizer Bobsport ist. Auch jetzt, nachdem sie ein Kind bekommen hat und Mama ist, hat sie nichts von der Leidenschaft und Liebe für den Bobsport verloren. Doch das Comeback nach der Babypause wird ihr nicht gerade leicht gemacht. Ausgerechnet der Verband Swiss Sliding legt ihr Steine in den Weg und macht so die Kombination von Mutterschaft und Rückkehr in den Spitzensport noch schwieriger, als sie sowieso schon ist.

Vier Monate Bettruhe

Pasternack hat eine sehr schwere Schwangerschaft hinter sich. Am Anfang hatte sie mit extremer Übelkeit und ständigem Erbrechen zu kämpfen, die letzten vier Monate musste sie in Bettruhe verbringen. Nach der Geburt folgte der körperlich anspruchsvolle Weg zurück. «Vor allem bei den Sprints hat man die Extrakilos in den Fussgelenken gespürt», schildert sie.

Sie kämpft sich zurück

Trotzdem kämpft sich die Schweizerin zurück. Sie wird wieder Teil des Teams um Pilotin Melanie Hasler. Beim ersten gemeinsamen Weltcupeinsatz seit der Geburt holt das Duo direkt Rang vier. Aber Hasler kann nicht die ganze Saison wieder auf ihre frühere Stammanschieberin setzen. Pasternack wird diesen Winter gemäss dem Swiss-Olympic-Blog «Ungefiltert» immer wieder von Krankheiten heimgesucht und muss so schweren Herzens für die WM in den Vereinigten Staaten, für die sie vom Verband selektioniert wurde, absagen. Doch das war nicht das Einzige, was in ihrer Comeback-Saison nicht ganz nach Plan lief.

«Ich darf mein Baby nicht im Teamhotel dabei haben», sagt Pasternack auf die Nachfrage von Blick und erklärt, wie es zur absurden Situation kommt, dass sie als Bob-Anschieberin ständig zwischen zwei Hotels hin und her wechselt. Für Physio-Termine, Teambesprechungen und sonstige Teamaktivitäten muss sie im Schweizer Teamhotel sein, neben Training und Wettkämpfen würde sie aber gerne auch noch auf ihre im Dezember 2023 geborene Tochter aufpassen. Mit dem französischen Piloten Romain Heinrich (35) ist auch der Vater der Kleinen im Bobtross dabei.

«Ich habe nicht das Gefühl, dass es stören würde»

Als Pasternack die Probleme anspricht, wird ihr gesagt, dass das Kleinkind das Team während der Vorbereitung auf den Wettkampf stören könnte. «Wenn ich mit meinem Team darüber rede, habe ich jedoch nicht den Eindruck, dass sich jemand daran stören würde. Natürlich war es meine persönliche Entscheidung, ein Kind zu bekommen. Umso bedauerlicher ist es, wenn daraus aus meiner Sicht vermeidbare Hürden entstehen.»

Die Anschieberin äussert keinen unmöglichen Wunsch. In vielen anderen Nationen wird einem das Dasein als Mutter im Bobsport viel leichter gemacht. Bei den Amerikanerinnen sind zum Beispiel drei Mütter dabei, und auch viele andere Teams verzichten auf Regeln, die alles nur komplizierter machen. «Ich würde mir einfach wünschen, dass Swiss Sliding vielleicht mal mit dem Team USA redet, da funktioniert das nämlich alles wunderbar.» Die US-Toppilotin Elana Meyers Taylor hat jeweils sogar ein Kind mit einer Beeinträchtigung an den Rennen dabei.

Swiss-Sliding-Sportchefin Marina Gilardoni sagt, die Regelung sei vor allem eingeführt worden, um den vollständigen Fokus von Pasternack und ihren Teamkolleginnen auf den Sport zu gewährleisten und Ablenkung zu vermeiden. «Wir haben Nadja von Anfang an kommuniziert, dass es so sein wird, und sie war zu Beginn mit dieser Vorschrift auch einverstanden. Wir sehen jedoch, was für Herausforderungen es aktuell für sie mit sich bringt, und werden die Sache intern nochmals besprechen.»

Für die kommende Saison bleibt zu hoffen, dass sich etwas ändert. «Eine Olympia-Saison ist sowieso schon stressig, da wäre es schön, genauso behandelt zu werden wie alle anderen Athleten auch», sagt die junge Mutter. Damit Pasternack und ihre Pilotin Hasler an den Spielen in Cortina so abliefern können wie das letzte Mal 2022 in Peking, braucht sie jegliche Unterstützung, die sie kriegen kann. Vor allem die von ihrem eigenen Verband.

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