Der professionelle Mannschaftssport ist ein flüchtiges Geschäft. Für Menschen mit Hang zur Systematik, für Buchhalter und Strategen, die gerne mit ihren Businessplänen wedeln, ist er eher ungeeignet.
Denn der Sport mit Ball und Puck ist eher etwas für Leute mit einer Neigung zum Glücksspiel. Wie die Kugel oder die Scheibe rollt und fliegt, ist nicht vorauszusagen. Der Profisport ist ein Casinobesuch. Das Prinzip Hoffnung wird permanent strapaziert.
Niemand kennt die Flüchtigkeit der Branche besser als die Trainer. Die kommen beim Amtsantritt mit Pauken und Trompeten. Im Blitzlichtgewitter. Als Heilsbringer und Hoffnungsträger. Es ist eine Blitzhochzeit nach der vermeintlichen Liebe auf den ersten Blick.
Der Präsident zeigt sich mit dem neuen Mann beim strahlenden Händedruck. Der Sportchef spricht von der absoluten Wunschlösung und erklärt, warum XY zu seinem Klub passt wie der Deckel auf die Pfanne. Die Fans jubeln. Jetzt wird alles gut!
Aber jeder Zuckerpapierli-Philosoph sollte wissen: «Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit.» Aber der permanente Vergleich ist der Kern des Sports. Der Blick auf die Tabelle ist das wöchentliche Zeugnis. Und dieser Blick ist für die Mehrheit schon sehr schnell sehr ernüchternd.
Ein subtiler Zersetzungsprozess
Und so beginnt dann die immer wiederkehrende psychologische Dynamik einer Trainerentlassung. Dieser subtile Zersetzungsprozess mit der für den Betroffenen unterschwelligen, aber umso schmerzhafteren Entfremdung.
Läuft es nicht wie gewünscht, wird es schnell frostig. Die rosarote Wolke verzieht sich schneller, als ein Zechpreller das Restaurant verlässt. Der Trainer wird auf der Geschäftsstelle nicht mehr herzlich, sondern nur noch distanziert gegrüsst. Der Präsident meidet tunlichst, sich auch nur im Einflussbereich des Trainers zu zeigen.
Die Fans werden ungeduldig und formulieren ihren Unmut. Der Sportchef wird immer unverbindlicher oder stellt die Kommunikation gänzlich ein. Diejenigen Spieler, die keinen Stammplatz haben, begehren auf, werden mutig und beginnen zu maulen. Die Medien werden zu Hyänen und jagen das weidwunde Opfer. Es gehört zu ihrem Job.
Der Trainer ist der Sündenbock. Immer.
Das Schicksal des Trainers ist besiegelt. Auch zwei, drei Erfolgserlebnisse helfen nicht mehr. Denn bei jeder weiteren Niederlage greift der zersetzende Mechanismus von neuem. Wenn er begonnen hat, ist er nicht mehr aufzuhalten. Die Erklärungen des Trainers, mögen sie auch noch so rational und nachvollziehbar sein, verpuffen.
Seine Ohnmacht wächst. Ein Entrinnen aus der Schublade des Verlierers gibt es nicht mehr. Er ist der Sündenbock. Immer.
Natürlich: Die Trainer bekommen dafür sehr viel Schmerzensgeld. Da hält sich das Mitleid in Grenzen. Aber das Gefühl der zunehmenden Ablehnung, diese mobbingähnliche, in homöopathischer Dosis wachsende Stigmatisierung, dieses aufkommende Gefühl, nicht zu genügen und versagt zu haben, ist allein mit Geld nicht immer aufzuwiegen.
Es macht etwas mit den Menschen. Und kratzt, José Mourinho mal ausgenommen, kräftig am Ego. Sie verunsichert und entzieht dem Trainer die Energie. Bis hin zu Erschöpfungszuständen.
Ich wünsche nicht nur Ludovic Magnin, sondern allen Trainern, die auf einem Stuhl mit drei Beinen sitzen, frohe Weihnachten und entspannte Tage.
Der Stuhl neben dem Christbaum wackelt nie. Der hat jedes Jahr vier Beine.