In den katholischen Kantonen ist der gestrige Donnerstag ein Feiertag. Gemeinden der Zentralschweiz, im Tessin, Wallis, Jura, in Freiburg, Graubünden, Neuenburg, Solothurn oder auch im Aargau feiern Fronleichnam. Und in Aarau wird das Eidgenössische Turnfest gefeiert. Das hat nicht viel mit Religion zu tun. Heilig ist hier einzig die Liebe zum Vereinsturnen.
Und weil gemeinsamer Sport so schön ist, wird er in zahlreichen Festzelten und -ständen auch reichlich begossen. Je nach Alkoholpegel und Liebesbedürftigkeit der verschwitzten Hobbyathleten geht es dann gar unheilig zu und her. Oder – wie der «Tagesanzeiger» beim Durchwühlen des Archivs herausfand – wie ein «andauerndes viehisches Saufen und Brüllen». So nämlich wurde das dritte Turnfest 1843, damals ebenfalls in Aarau, von der «Aargauer Zeitung» beschrieben.
Das Bier will verdient sein
Bevor es aber auf der riesigen «Wiesn» an der Aare heisst «O'zapft is», wird tatsächlich noch etwas fürs verdiente Bier getan. Mit vielen polysportiven Wettkämpfen steigt gestern der erste von drei Vereinswettkampf-Tagen. Sie sind sozusagen das Herzstück des Eidgenössischen. Denn an diesem Wochenende schlagen die Herzen der rund 50000 von insgesamt 70000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern höher.
Anders als bei den Spitzensport-Wettkämpfen geht es den Kinder-, Frauen-, Männer- und Senioren-Rigen aus allen Schweizer Landesteilen nicht unbedingt um die Eidgenössische Medaillen. Dabei sein ist alles, für Hühnerhaut sorgt nur schon der Gruppen-Stolz unter der Vereinsflagge.
Ein Turner des grössten Schweizer Breitensport-Anlasses fasst die Faszination so zusammen: «Schauen Sie sich um: die vielen tollen Sportarten, die vielen Leute! Leichtathletik, Geräteturnen, Gymnastik, Team-Aerobic, Nationalturnen wie Steinstossen oder Steinheben –und alle starten am gleichen Anlass. Das ist doch weltweit einmalig!»