Der Druck, der auf ihm als Titelverteidiger lastet, ist ihm nie anzumerken. Stan Wawrinka (29) beseitigt bei seinem klaren Sieg gegen den Japaner Kei Nishikori (25) auch die letzten Zweifel daran. Dabei hatte er schon vor dem Turnier angekündigt, sich den Titel erneut zuzutrauen. Das Schweinwerferlicht überlässt er anderen. «Ich spiele seit Beginn des Turniers gutes Tennis und bin einfach glücklich, wieder im Halbfinal zu stehen», sagt er.
Zwei Siege fehlen ihm noch, um erneut die begehrte Trophäe zu gewinnen. Im dritten Jahr hintereinander trifft er nun auf den Serben Novak Djokovic (27), den vierfachen Melbourne-Champion. «Natürlich wird es schwierig, aber jetzt ist alles möglich.» Denn das erneute Duell steht unter völlig neuen Voraussetzungen.
Es ist erstmals ein Duell auf Augenhöhe, auch wenn Stan immer wieder betont, Djokovic sei klarer Favorit. «Ich bin besser als im letzten Jahr. Ich habe mehr Selbstvertrauen, fühle mich auf dem Platz gut und bin entspannt», sagt der 29-Jährige. Eine klare Kampfansage an den Halbfinal-Gegner.
Neue Tennis-Weltordnung
Wawrinka selber hat mit seinem Sieg im letzten Jahr die Tennis-Weltordnung aus den Angeln gehoben. Während Roger Federer unerwartet früh scheitert und Rafael Nadal im Viertelfinal von einem Gegner vom Platz geschossen wird, den er bisher nach allen Regeln der Kunst beherrscht hat, greift Wawrinka wie selbstverständlich nach seinem nächsten grossen Titel.
Geholfen hat ihm auf dem Weg zur Figur dieser Strahlkraft auch der Sieg im Davis Cup. Das betont Wawrinka selber immer wieder. Dort, wo er im Final von Lille der heimliche Leader war – und am Ende doch wieder im Schatten von Roger Federer stand. In Australien ist das anders. Stan Wawrinka, ein Mann mit einer Mission.
«Ich weiss, dass ich den Pokal gewinnen kann, ich muss es aber nicht. Ich habe schon einen zu Hause, und ich habe den Davis Cup gewonnen.» Angst vor Djokovic hat er keine. Im Gegenteil: Wawrinka wirkt so entspannt wie selten.
Mit dem Halbfinal-Einzug hat er dem Druck bereits standgehalten. «Warum nicht?», kontert er charmant die Frage, wieso er ausgerechnet in Australien so stark spiele. Im Wissen darum, dass er in dieser Form auch von Djokovic nur schwer zu bezwingen ist.