Ende November 2019 gewinnt Spanien zum sechsten Mal den Davis Cup. Bei der Siegerehrung wird Roberto Bautista Agut von seinen Emotionen übermannt. Dies aber nicht nur wegen des eben erreichten Triumphes. Für ihn ist das Ganze der Höhepunkt einer unglaublichen Achterbahnfahrt der Gefühle. Denn drei Tage zuvor verlässt er das Team aus privaten Gründen. Nur Stunden später stirbt sein Vater. «Ich hatte das Glück, seine letzten Minuten miterleben zu können», sagt Bautista Agut.
Ein Beispiel für grenzenloses Engagement
Trotz diesem herben Verlust kehrt er zurück zum Davis-Cup-Team – und steuert seinen Teil zum Sieg bei. Denn obwohl er nicht mit einem Einsatz rechnet, wird er für das erste Einzel aufgeboten, gewinnt es – und legt damit den Grundstein für Spaniens Sieg. Auch Rafael Nadal ist voller Bewunderung für diese Leistung: «Was er gemacht hat, ist fast unmenschlich. Mir fehlen die Worte. Er wird für den Rest meines Lebens ein Beispiel für grenzenloses Engagement sein.»
Gut viereinhalb Monate später lässt Bautista Agut gegenüber dem Online-Portal «Behind the Racquet» tief in seine Seele blicken und beweist, wie recht Nadal mit seinen Worten hatte.
Denn anderthalb Jahre vor seinem Vater hat der 31-Jährige bereits völlig unerwartet seine Mutter verloren. 2018 erhielt er nach dem Training den traurigen Anruf, dass sie eingeschlafen und einfach nicht mehr aufgewacht ist. «Sie war sehr jung, erst 52 Jahre alt, aber sie hatte viel Stress durch die Betreuung meines Vaters», erzählt Bautista Agut. Dieser hatte 2016 einen schweren Unfall und war seither vom Hals abwärts gelähmt. Seine Mutter pflegte ihn liebevoll. Nach ihrem Tod übernahmen Bautista Agut und seine Frau diese Aufgabe.
«Ich kämpfte härter als je zuvor»
Daran, das Racket an den Nagel zu hängen, dachte er aber nie. «Meine Eltern wollten, dass ich meine Träume in jeder Situation verwirklichen kann. Ich spielte weiter und kämpfte härter als je zuvor. Während dieser schrecklichen Zeit spielte ich teilweise mein bestes Tennis. Ich war für meine Familie da so gut ich konnte, aber ich konnte nicht wegwerfen, wofür ich mein ganzes Leben lang gearbeitet habe. Ich habe nie aufgegeben.»
Das zeigt auch ein Blick auf die Resultate, die der Spanier 2019 erreicht. Die aktuelle Weltnummer 12 realisiert mit Platz 9 ihr bestes Ranking, stösst bei den Australien Open erstmals in die Viertelfinals eines Grand-Slam-Turniers vor und toppt das Ganze mit dem Halbfinal-Einzug in Wimbledon.
Nach dem Davis-Cup-Triumph geht die Achterbahnfahrt der Gefühle für Bautista Agut indes noch weiter. Nur sechs Tage später wird es für ihn erneut sehr emotional. Dieses Mal allerdings im positiven Sinn: Er heiratet seine langjährige Freundin Ana Bodi Tortosa. (bir)