Ein Phänomen ist eine abgrenzbare Einheit des Erlebens, ein Ereignis, ein empirischer Gegenstand oder eine Naturerscheinung.
Im Fall von Roger Federer ist das Phänomen eine Naturerscheinung. Mit spielerischer Leichtigkeit marschiert der bald 36-jährige Mann tänzelnd übers Gras. Und gewinnt seinen achten Titel in seinem Wohnzimmer in Wimbledon. Das hat keiner vor ihm geschafft.
Roger, du bist unser achtes Weltwunder.
Federer geht seit einigen Monaten wieder übers Wasser. Superlative für seine Leistung, seine vorbildliche Rolle als Sportler, als Botschafter, aber auch als Familienmensch und Vater gibt es längst keine mehr.
Während sich seine härtesten Konkurrenten mit schmerzverzerrtem Gesicht über den Platz quälen, wirkt der «alte Mann» wie ein Jungbrunnen. Er hat nie von der Athletik und von der Wucht gelebt. Es war immer die spielerische Leichtigkeit, die das Schweizer Goldhändchen zum besten Spieler der Geschichte macht.
Sein Weg zieht unser Land mehr in den Bann denn je. Das Verhältnis der Schweiz zu ihrem besten Botschafter wird im Herbst seiner Karriere immer inniger.
Denn die fast fünfjährige «Durststrecke» ohne Grand-Slam-Sieg war so etwas wie eine Paartherapie. Sie hat die lähmende Selbstverständlichkeit der Erfolge verdrängt.
Man merkt immer erst so richtig, was man an jemandem hat, wenn er nicht mehr da ist. Darum geniessen wir jetzt das Privileg wieder in vollen Zügen, bei der grossen Karriere dieses grossen Sportlers dabei zu sein.
Und darum zittern und fiebern wir wieder mit ihm, wie am Anfang seiner grandiosen Laufbahn. Roger Federer ist und bleibt eine Inspiration. Nicht nur für Sportler.
Die Schweiz bringt man im Ausland in Verbindung mit vielen Klischees. Berge, Uhren, Schoggi, Banken, Federer. Vielleicht müssen wir da mal die Reihenfolge ändern.
Wir suchen nach Formulierungen und Superlativen für diesen Mann, derweil bleibt nur einer gelassen: Roger Federer. «Es ist ja alles nur ein Spiel», sagt er.