Günthardt über Nadal-Zeitspiel
So werden die Stars bevorteilt

Dass Denis Shapovalov sich benachteiligt fühlt, kommt nicht von ungefähr. Die grossen Tennis-Stars geniessen sehr wohl gewisse Vorzüge, schreibt Heinz Günthardt.
Publiziert: 27.01.2022 um 00:47 Uhr
Denis Shapovalov bringt mit seiner Anschuldigung einen kleinen Stein ins Rollen.
Foto: Getty Images
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Heinz Günthardt

Denis Shapovalov ist stinksauer. Gerade hat er in fünf Sätzen das Viertelfinale bei den Australian Open gegen Rafael Nadal verloren. Diese Wut muss raus. Erst zerlegt er auf dem Platz seinen Schläger, etwas später in der Pressekonferenz schlägt er verbal um sich: «Auf dem Platz sollten alle Spieler gleich sein!»

Da hat er recht. Und zum Teil sind wirklich alle gleich – aber nur zum Teil.

Die Tour und die Grand-Slam-Turniere sind ein Spiegelbild der Gesellschaft. Nur schnelllebiger und intensiver. Ein Konzentrat der Welt, wie sie funktioniert. Die, die vieles im Überfluss haben – Geld, Ruhm und Erfolg – werden mit vielem zugeschüttet, das sie nicht nötig haben. Der CEO, der Millionen verdient, hat ein riesiges Spesenkonto. Spieler wie Rafael Nadal, Roger Federer oder Novak Djokovic bekommen an Turnieren wie Basel Antrittsgagen, die höher sind als die Siegesprämie.

Vor dem Turnier bieten sich Möglichkeiten

Wenn der Punkt losgeht, sind alle gleich. Seit es Hawkeye gibt, mehr als je zuvor. Aber bevor es losgeht, gibt es durchaus Möglichkeiten, die Sieg-Wahrscheinlichkeit auf die eine oder andere Seite zu verschieben.

Die offensichtlichste Massnahme, zu manipulieren, ist die Setzliste. Früher wurden bei den Grand Slams von 128 Spielerinnen und Spieler 16 gesetzt – heute sind es 32. Wie schön es ist, gesetzt zu sein und zu wissen, dass mir unmöglich ein Djokovic in der ersten Runde zugelost werden kann! Die Auslosung ist somit nur noch teilweise das, was das Wort verspricht.

Günstige Trainingsplätze und Spielzeiten

Weiter geht es mit der Verteilung der Trainingsplätze. Die Stars dürfen die sogenannten Show-Courts buchen, auf denen sie ihre Partien spielen werden. Ihre Gegner teilen sich irgendwelche Aussenplätze – oft zu viert. Komfortabel. Und schliesslich gibt es auch noch die Ansetzung der Matches. Nein, es war kein Zufall, dass Federer äusserst selten in der Tageshitze von Melbourne spielen musste.

Spitzensport ist grundsätzlich nicht sozial. Und trotzdem ist etwas vom fairsten, das es gibt. Denn wenn ich besser bin als mein Gegner an diesem Tag, werde ich gewinnen. Da gibt es keine Interpretationsmöglichkeiten, keine Seilschaften.

Auch wenn Nadal in der Vorbereitung einen kleinen Vorteil haben mag: Diesen Freitag wird der Ball in Australien genau dort landen, wo die Physik es unerbittlich voraussagt. Ein Tennisball kennt keinen Favoriten.

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