Ein optischer Fauxpas, ist man sich in Paris mit typisch französischer Hauptstadt-Arroganz einig. Soll Stan Wawrinka doch die Australier oder Amerikaner damit beglücken, die haben eh keinen Geschmack. Und in Wimbledon gibts zum Glück Kleiderregeln. Aber hier?
Die Pariser sollten lieber vor ihrer eigenen Türe kehren – die Ballmädchen in Roland Garros beleidigen in Reifenrock und Kniestrümpfen à la Modesünderin Bethanie Mattek-Sands das Auge. Aber es stimmt schon: Über Wawrinkas Outfit lässt sich streiten. Es wird auch heute wieder bei den Zuschauern Thema sein, wenn er zum Zweitrunden-Match gegen Dusan Lajovic (Ser, ATP 75) antritt (11 Uhr, SRF 2).
Besonders in Kombination mit dem quergestreiften und doch etwas biederen Poloshirt befremdet die karierte Hose. Und verblasst gegenüber den trendigen Neon-Kleidern der anderen Stars. Stan hatte im japaner Yoshihito Nishioka (ATP 146) einen Verbündeten, aber der flog schon in Runde 1 raus. Nun wandelt das Schweizer Aushängeschild des japanischen Tennis-Ausrüsters Yonex allein im «Pyjama-Look» durch Roland Garros.
Mama Murray lästert über Wawrinka
In der Schweiz sind die «Stan Wawrinka Tennis Shorts» für rund 60 Franken erhältlich. Es gibt sie übrigens auch schwarz-weiss-kariert. Doch der Romand trägt seit Beginn der Sandsaison lieber die schwer definierbare bordeauxrote Variante, die auf den rostroten Asche-Courts erst recht gewöhnungsbedürftig ist.
In den sozialen Medien entflammte eine Debatte über Wawrinkas modisches Wagnis. Eine berühmte Twitterin, Andy Murrays Mutter Judy, lästerte gar etwas bissig: «Ich hatte mal so ein Tischtuch. Habs aber nie gebraucht.»
Bis jetzt nahm es der 30-jährige, privat stets gut gekleidete Lausanner mit Humor. «Es ist meine Drei-in-eins-Hose», sagte er im Westschweizer Fernsehen, «ich trage sie zum Baden, zum Tennisspielen, und abends lege ich mich damit ins Bett. Viele Marken wagen derzeit halt was – nicht immer zum Guten ...»
Begeistert scheint Stan also auch selbst nicht zu sein, nur darf er das nicht so direkt sagen. «Für eine Zeit bin ich verpflichtet, die Hose zu tragen. Das gehört zum Leben eines Tennisspielers.»