«Die Kinder kennen ihn nicht»
In Namibia wird Weltstar Federer zum Nobody

Die Kinder in Namibia wissen nicht, wer Roger Federer ist. Glücklich macht er sie trotzdem.
Publiziert: 06.02.2020 um 16:07 Uhr
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Aktualisiert: 06.02.2020 um 16:21 Uhr
Emanuel Gisi aus Kapstadt

Es ist ein ungewohntes Gefühl für Roger Federer (38). Wenn der Tennisstar in Namibia in einem Kindergarten auftaucht, will niemand ein Selfie, keiner ein ­Autogramm. «Die Kinder kennen ihn nicht, sie wissen nicht, wer da kommt», sagt Janine Händel, CEO der Roger Federer Foundation, zu BLICK. «Für sie ist er ein netter, junger Mann, der mit ihnen spielt und Zeit verbringt.»

Vor dem «Match for Africa» besucht Federer eines der vielen Projekte seiner Stiftung. Dessen Ziel: die Schul­reife der Kinder im Land zu verbessern. Auf Vorschul- und ­Kindergartenstufe fehlt es in dem Land nämlich an allem: an Geld, an Lehrkräften, an genügend Plätzen.

Ziel: Schulreife für 70 Prozent

Und so bleiben 55 Prozent der namibischen Kinder in diesem Alter entweder zu Hause – oder sie gehen direkt in die 1. Klasse, verpassen eine Entwicklungs-Stufe. Daran wollen Federer und seine Stiftung arbeiten. Indem mit Hilfe von Tablets, Apps und Lernvideos Lehrer aus- und weitergebildet werden. Bis zu 15 000 solcher Geräte möchte man dereinst im Einsatz haben. Am Ende steht ein konkretes Ziel: Bis in sechs Jahren sollen 70 Prozent der Kinder schulreif sein. Auch dank der Schulung und dank enger Zusammen­arbeit mit den Behörden.

In Namibia ist Roger Federer nicht sonderlich populär.
Foto: RF Foundation
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Darum spielt es auch keine grosse Rolle, dass die Kinder nicht wissen, wer da kommt. Händel: «Roger geht es um das Erleben des Projekts und darum, aus erster Hand mehr über die Wirkung zu erfahren. Er nimmt sich daher Zeit und sucht das Gespräch mit den Lehrern, mit den Eltern, mit den Schulverantwortlichen.»

Deshalb reist er nur mit einer kleinen Entourage, nur vier Personen begleiten ihn. «Wir wollen die Kinder nicht erschrecken und den Schulalltag so real als möglich erleben.»

«Sein Besuch hat eine unglaubliche Hebelwirkung»

Pompöser ging es gestern zu und her: Da wurde der Schweizer Tennis-Superstar von Hage Geingob empfangen, dem Präsidenten Namibias, und von zweien seiner Minister. Mit allem, was dazugehört. Als ob ­Federer ein Staatsgast wäre. «Ein Bundesrat wird nicht grösser empfangen», sagt Händel. Das zieht auch Verantwortung nach sich. «Es ergeben sich Gelegenheiten, um Sachen an­zusprechen, auf die wir Wert legen.» Federer spricht Probleme an. «Zum Beispiel, dass Namibia einen grösseren Betrag des Bildungsbudgets in die Frühförderung investieren könnte.»

Der Besuch beim Präsidenten zeigt, was der Tennisstar mit seiner Stiftung erreichen will. Pflästerlipolitik ist schon lange nicht mehr seins. «Wir wollen auf systemischer Ebene arbeiten und das System nachhaltig verändern», erklärt Händel. «Dazu gehört auch, dass wir mehr machen, als Löcher zu stopfen, ein paar Schulbücher und Schulgelder zu bezahlen.»

Federer sei mittlerweile «ein professioneller Philanthrop», sagt Händel. Und er habe sich entwickelt. «Sein Besuch hat eine unglaubliche Hebelwirkung, seine Botschaft wird gehört.»

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