Spanien
«Alle identifizieren sich mit diesem Sport»

Während vier Jahren kämpfte Gerardo Seoane in der spanischen Heimat seiner Eltern um den sportlichen Durchbruch. 2002 kehrte der Mittelfeldspieler aus La Coruña zurück - nicht als desillusionierter Fussball-Professional, sondern als gereifter Mensch.
Publiziert: 21.04.2008 um 16:14 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2018 um 03:32 Uhr
In der Super League ist Seoane seit Jahren eine Leaderfigur. Nach dem Transfer von GC zu Luzern liess sich der 29-jährige Mittelfeldspieler im vergangenen Jahr selbst von einem Schien- und Wadenbeinbruch nicht vom Weg abbringen.


Seoane selber denkt, er profitiere noch heute von seinem Engagement in Spanien. Im Gespräch mit der Sportinformation schilderte er seine persönlichen Verbindungen zum EM-Teilnehmer Spanien.


Spanische Wurzeln und der Schweizer Pass.

Gerardo Seoane: «Beide Eltern stammen aus Spanien, aus einem kleinen Städtchen, rund zehn Kilometer entfernt von La Coruña. Sie wanderten in den Siebzigerjahren in die Schweiz ein. Ich bin hier geboren und habe mit 16 Jahren auch den Pass beantragt. Die Besprechung mit meiner Familie, ob ich das machen soll, dauerte knapp fünf Minuten. Wir haben nie vergessen, dass uns die Schweiz vor über 30 Jahren die Hand reichte.»

Erinnerungen, Bezug zur alten Heimat.

Seoane: «Den Bezug zur spanischen Herkunft habe ich nie verloren. Im Sommer werden die Ferien fix in Spanien gebucht, egal wo. Im Elternhaus reden wir noch immer spanisch. Ich gebe die Sprache auch meiner Tochter weiter. Ich denke mal, dass es viele spanische Secondos ähnlich halten. Und doch fühle und denke ich wie ein Schweizer.»

Deportivo La Coruña. Der Transfer zum Wunschklub.

Seoane: «Der populärste Verein aus meiner engeren Heimatregion wollte mich verpflichten. Für mich war das als 19-Jähriger eine Ehre, dem Ruf dieses Klubs zu folgen. Wahrscheinlich bin ich zu früh gegangen. Ich fühlte mich wie ein Bub im Haifischbecken und schaffte den Sprung nicht. Aber eben: Ein solcher Klub klopft nur einmal an die Tür. Als Mensch reifte ich während diesen vier Jahren enorm und arbeitete im Training extrem professionell. Noch heute profitiere ich von dieser Lehrzeit, von dieser Mentalität, dem Sport alles unterzuordnen.»

Das Fussball-Land Spanien, die Fokussierung auf den Ballsport.

Seoane: «Während meiner Zeit bei Deportivo wurde mir erst richtig bewusst, wie sehr in Spanien für den Fussball gelebt wird. Jeder der 35 Spieler in den Profi-Teams ist hoch angesehen. Pro Stadt beschäftigen sich acht bis neun Fussball-Zeitungen mit den Klubs. In jedem Strassencafé dreht sich die Diskussion um den lokalen Verein. Von der Grossmutter bis zum Jüngsten identifizieren sich alle mit diesem Sport. Es herrscht die totale Passion. Das ist faszinierend.» Spaniens Nationalteam und der EM-Fluch oder die Raul-Frage.

Seoane: «Leider kam es in den letzten Jahren oft vor, dass Spanien als erste der grossen Mannschaften die Koffer packen musste. Auch 2008 zähle ich die Spanier nicht zu den Top 3. Derzeit herrscht im Land eine grosse Polemik um Trainer Aragones. Es geht wie immer um Raul. Darf er an die EM gehen oder nicht? Aragones lässt sich aber kaum beeinflussen. Er verjüngte das Team in den letzten zwei Jahren konsequent. Es ist nicht mehr eine Ansammlung von Stars aus Madrid und Barcelona. Er schaut extrem auf die Leistung und gibt den Jungen eine echte Chance. Zum grossen Wurf reichts meiner Meinung nach trotzdem nicht. Viele Spieler sind technisch gut, aber zu klein. In der Primera Division funktioniert das, weil auf den Schlüsselpositionen ausländische Stars spielen. Beim Nationalteam hingegen wirkt sich das negativ aus.»

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