Überraschung von «Miggermann» in Gröden
Zürcher Ski-Duo erinnert an die Zeiten von Pitsch Müller

Alessio Miggiano aus Bubikon und Niels Hintermann aus Bülach schreiben beim Südtioler Abfahrtsklassiker Zürcher Ski-Geschichte.
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Der Zürcher Oberländer Alessio Miggiano fährt auf der Saslong sensationell in die Top 5
Foto: keystone-sda.ch
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Marcel W. PerrenSki-Reporter

Gröden, am 21. Dezember 2024: Niels Hintermann erscheint erstmals seit seiner Krebserkrankung im Zielraum eines Weltcuprennens – als Zuschauer. «Vom Rennenfahren bin ich derzeit um Welten entfernt», gibt der Mann mit drei Weltcupsiegen im Gespräch mit Blick zu Protokoll.

Tatsächlich ist Hintermann damals gezeichnet von den Chemotherapien. Und als Franjo von Allmen in sensationeller Manier hinter Marco Odermatt auf den zweiten Rang fährt, schüttelt der 100-Kilo-Brocken sein kantiges Haupt: «Ich bin mir nicht sicher, ob ich auf der Rennpiste noch einmal so risikoreich zu Werke gehen kann, wie das die jungen Wilden tun.»

Top-7-Klassierung nach mieser Nacht

Knapp zwölf Monate später ist der vom Krebs geheilte Hintermann zwar noch nicht ganz, aber schon wieder erstaunlich nahe an einem von Allmen dran – der 30-Jährige donnert auf der Saslong auf den siebten Rang und erfüllt damit die Kriterien für die Olympia-Selektion. «Dabei war die Nacht vor diesem Rennen alles andere als gut», verrät Hintermann. «Zuerst war ich angefressen, weil ich die Nummer 2 gezogen habe. Weil ich mich danach auch sonst miserabel gefühlt habe, bin ich stundenlang wach im Bett gelegen. Deshalb war ich mir bis sechs Minuten vor Rennbeginn nicht sicher, ob ich überhaupt starten werde. Unter diesen Umständen bin ich sehr happy mit meinem Ergebnis.»

Hintermann hat Miggiano-Deal eingefädelt

Hintermann freut sich aber nicht nur über seine eigene Leistung, sondern auch über die sensationelle Fahrt seines sieben Jahre jüngeren Zürcher Kumpels Alessio Miggiano, der mit der Nummer 43 auf den fünften Rang schiesst. Der Adliswiler Abfahrts-Held Peter «Pitsch» Müller hat dem Kanton Zürich 24 Weltcupsiege, einen Weltmeistertitel und je zwei Olympia- und WM-Silbermedaillen beschert.

Aber dass sich zwei Zürcher bei einer Weltcup-Abfahrt in den Top 7 klassieren, hat es bis zum Gröden-Exploit des Duos «Miggermann» nicht gegeben. «Ich habe noch nicht wirklich realisiert, was ich heute geschafft habe», gesteht Miggiano. «Ich habe mich bereits über die Top-20-Klassierung in der verkürzten Saslong-Abfahrt und über die Punkte im Super-G gefreut. Aber dass ich jetzt meinen ersten Top-5-Platz im Weltcup herausgefahren habe, ist der absolute Wahnsinn.»

Sein enormes Potenzial hat der Head-Mann bereits im Vorjahr in Gröden angedeutet, als er im Training mit einer 50er-Nummer die sechstbeste Zeit schaffte. «Deshalb habe ich mich vor diesem Rennen für denselben Ski entschieden, den ich im Vorjahr benutzt habe. Das war genau die richtige Entscheidung – die Nummer dieses Skis werde ich nie vergessen.»

Nie vergessen wird der Sohn eines Sternekochs auch nicht, was Hintermann im letzten Frühling für ihn getan hat. «Im letzten Trainingscamp der letzten Saison war Niels auch wieder dabei. Nachdem ich in diesem Camp gute Leistungen abgeliefert habe, hat er bei seinem Kopfsponsor ein gutes Wort für mich eingelegt. Seit diesem Herbst bin ich auch bei Riccola unter Vertrag, und ich weiss, dass ich das zu einem grossen Teil Niels zu verdanken habe.»

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