Mélanie Meillard war noch ein Kind, als sie mit ihrer Schulklasse die Pyramides d’Euseigne erstmals besuchte. Es war ein Heimspiel für sie, liegt ihr Elternhaus doch keine zwei Kilometer Luftlinie von dem Naturdenkmal im Eringertal entfernt. «Ich sah die Pyramiden vom Garten aus und fand sie schon immer wunderschön», erzählt Meillard.
Heute steht die Walliserin mit Neuenburger Wurzeln wieder am Fusse der 15 Meter hohen Erdtürmen – längst ist sie nicht mehr ein Kind, sondern eine junge Erwachsene von 22 Jahren. Und Meillard sagt: «Ich bin nachdenklicher geworden.»
Das Sturz-Video ist auf dem Handy
Was ist passiert? Zwar gilt die Technikerin nach wie vor als eine der talentiertesten Skifahrerinnen der Welt. Doch nach fast zwei Jahren ohne Weltcuppunkt, dafür mit viel zu vielen Schmerzen, bröckelt der Lack des Ski-Wunderkinds. «Ich lache immer noch viel. Aber meine Verletzungen haben mich auch nachdenklich gemacht», gibt sie zu. Tatsächlich: Seit ihrem fatalen Kreuzbandriss im Februar 2018 durchschritt Meillard ein Tal der Tränen. «Eine Verletzung, eine Operation danach – das gehört zum Geschäft», dachte sie. Auch heute noch hat sie das Video ihres Sturzes auf dem Handy. «Ich schaute es mir schon etwa zehn Mal an», so Meillard.
Ihr Alptraum begann aber erst in der Reha. Das Knie stiess das implantierte Band eines Toten ab. «Ich hatte keinen schmerzfreien Tag», erzählt Meillard. Es folgte die nächste Operation – diesmal mit körpereigenem Material. Alles ging gut, doch Meillard kam nicht auf Touren, sie legte an Gewicht zu – das Comeback im letzten Winter (4 Rennen, 0 Punkte) missglückte komplett. Dann verletzte sie sich beim Wandern. Diesmal war es das Sprunggelenk. Die nächste Zwangspause. «Es war eigentlich immer was los», blickt sie zurück.
«Nicht extrem weit von Wendy und Michelle weg»
Nun ist der Alptraum endlich vorbei. Zumindest hofft Meillard dies. «Ich fahre jeden Tag besser und bin im Slalom nicht mehr extrem weit von Wendy und Michelle weg», berichtet sie. Gleichzeitig weiss sie genau: Mit Holdener und Gisin in einem Rennen mithalten – nein, das wird nicht möglich sein. «Mir fehlen zwar Trainingskilometer des Sommers, aber ich habe keine Angst mehr. Das ist viel wert.»
An Levi hat Meillard gute Erinnerungen. «Ich liebe den Hang», sagt sie. 2016 wurde sie Sechste, 2017 Fünfte. Damals war sie noch ein Teenager. Heute bäckt sie kleinere Brötchen: «Ich will einfach gut Skifahren. Den zweiten Lauf zu erreichen, wäre schön.» Früher hätte man angesichts von Meillards Klasse über eine solche Aussage gelacht. Heute ist sie verständlich.