«Odermatt und Co. werden mich für diese Worte hassen»
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Knauss über heikles Thema:«Odermatt und Co. werden mich für diese Worte hassen»

Immer mehr Speed-Stars schlagen Alarm
HIlfe, zu viele Abfahrten sind zu einfach!

Vor der ersten Abfahrt im Olympia-Winter sorgen die Temporeduktions-Forderungen und der Weltcup-Kalender bei den Rennfahrern kontrovers diskutiert.
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Justin Murisier hat vor zwölf Monaten mit seinem Abfahrts-Triumph in Beaver Creek seinen ersten Weltcupsieg eingefahren.
Foto: Sven Thomann
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Marcel W. PerrenSki-Reporter

Österreichs Ski-Altmeister Hans Knauss (54) ist sich bei seinem Auftritt im Blick Après-Ski-Talk bewusst, dass er sich bei Marco Odermatt und Co. unbeliebt macht. «Die weltbesten Skirennfahrer werden mich für diese Aussage hassen, aber wir müssen die Rennski so herstellen, dass es während einer Abfahrt wieder mehr Rutschphasen gibt. Das Tempo im Abfahrtssport ist derzeit einfach zu hoch.»

Es gibt einen prominenten Speed-Spezialisten, der seit seinem Abflug im Ziel-S am Lauberhorn vor bald zwei Jahren wie Knauss für eine Temporeduktion plädiert: der Norweger Aleksander Aamodt Kilde (33, 21 Weltcupsiege). Der vierfache Gesamtweltcupsieger Marco Odermatt (28) hat bereits anlässlich einer Pressekonferenz beim Weltcup-Opening in Sölden klargemacht, dass er von diesem Vorschlag nichts hält. «Es ist nun einmal so, dass es im Spitzensport darum geht, immer schneller zu werden.»

Justin Murisier (33), der bei der Abfahrt in Beaver Creek als Titelverteidiger an den Start geht, legt nach. «Wir reden derzeit fast nur noch über Tempokontrolle und Sicherheit. Aber Abfahrt muss Abfahrt bleiben. Es muss immer darum gehen, dass wir mit unseren möglichst schnellen Ski, so schnell wie möglich den Berg herunterfahren. Alles andere macht keinen Spass.»

Die brutalste Piste fehlt im Weltcup-Kalender

Der Walliser macht gleichzeitig deutlich, dass im diesjährigen Weltcup-Kalender nach seinem Geschmack zu wenig gefährliche Abfahrten fungieren. «Weil wir im Gegensatz zu den anderen Jahren in der Altjahrswoche nicht in Bormio fahren, bleiben Kitzbühel und Wengen in dieser Weltcup-Saison die einzigen Pisten, auf der sich ein Rennfahrer so richtig überwinden muss.»

Der dreifache Streif-Sieger und sechsfache Stelvio-Triumphator Dominik Paris setzt noch einen obendrauf: «Ohne Bormio sieht der Abfahrtskalender schlecht aus. Um die Stelvio wurde zwar nicht derselbe Mythos aufgebaut wie um die Streif. Aber wenn wir ehrlich sind, haben sich auf dieser Piste im Veltlin in den letzten zwanzig Jahren die aussergewöhnlichsten Geschichten geschrieben. Es hat einige Rennfahrer gegeben, die vor dem Rennen freiwillig aus Bormio abgereist sind, weil sich die Stelvio in einem derart gefürchigen Zustand präsentiert hat.»

Weil die Trainings und Rennen auf der Stelvio im Vorjahr zahlreiche Kreuzbandrisse und die Gehirnblutung von Frankreichs Superstar Cyprien Sarrazin beinhaltet haben, plädierten hochrangige Funktionäre wie der damalige Swiss-Ski-Präsident und heutige FIS-CEO Urs Lehmann dafür, dass Bormio als Weltcuprennen in der Altjahrswoche gestrichen wird. «Meines Erachtens ist Bormio der falsche Austragungsort für Speed-Rennen im Dezember; die Rennen auf der Stelvio müssten im letzten Saisondrittel angesetzt werden. Wie viel besser die Bedingungen in Bormio im Februar oder im März sind, habe ich 1995 als aktiver Rennfahrer beim Weltcupfinale erlebt. Da waren nicht nur die Schnee-, sondern vor allem die Lichtverhältnisse viel angenehmer als im Dezember.» Im Februar 2026 wird auf der Stelvio die Olympia-Abfahrt ausgetragen. Ob Bormio danach im Weltcupkalender auftauchen wird, ist derzeit nicht sicher.

Odermatts Vorfreude

Selbstverständlich gehört Alexis Monney (25) zu den Abfahrern, die sich klar dafür aussprechen, dass Bormio ab 2026 wieder einen Fixplatz im Weltcup hat – der Freiburger hat Vorjahr auf dieser bestialisch anmutenden Piste seinen ersten Weltcupsieg gefeiert. «Wir brauchen im Abfahrt-Kalender eine gute Balance zwischen technisch schwierigen- und Gleiterpisten. Es kann nicht sein, dass am Ende der Saison ein Abfahrer die Kristallkugel gewinnt, der nur auf Pisten wie in Gröden oder Kvitfjell schnell ist. Meines Erachtens fehlt die gewünschte Balance ohne Bormio im Weltcup-Kalender ein bisschen.».

Normalerweise gehört auch die Abfahrt, die am Donnerstag auf dem Programm steht, zu den Anspruchsvollsten. Aber weil in Beaver Creek zu lange, zu wenig Schnee gefallen ist, wird es in diesem Jahr eine um ungefähr zehn Sekunden verkürzte Ausgabe der «Birds of Prey» geben. Mit dem «Harrior» und dem Zielsprung fehlen zwei spektakuläre Elemente. Marco Odermatt ist dennoch voller Vorfreude: «Die Leute in Beaver Creek haben aus diesen schwierigen Bedingungen das optimale herausgeholt. Auch ohne Harrior und Zielsprung beinhaltet diese Abfahrt einige sehr spektakuläre Elemente.» Die erste Abfahrt im Olympia-Winter wird um 19 Uhr (Schweizer Zeit) gestartet.

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